Ausstellung:Stolz vor den Mauern

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Die Ausstellung "Stadt, Land, Fluss" ist ein beeindruckendes Zeugnis der Geschichte eines besonderen Landkreises. Sie ist letztmalig bis kommenden Freitag zu besichtigen

Von Martin Mühlfenzl

Als das Amt die Idee hat, die eigene Geschichte zu dokumentieren, reagieren Kreisarchivar Falk Bachter und Kreisheimatpfleger Alfred Tausendpfund mehr als zurückhaltend. Dröge, bürokratisch, leblos - wie sollte sich die Historie eines Landratsamtes in eine Ausstellung oder gar eine begleitende Informationsschrift pressen lassen? "Wir hatten unsere Bedenken, als uns Johanna Rumschöttel mit dieser Idee konfrontiert hat", sagt Falk Bachter heute über jene Idee aus dem Jahr 2011. "Aber die haben sich zerstreut. Denn das Amt ist untrennbar mit der Geschichte dieses außergewöhnlichen Landkreises, der Landeshauptstadt, dem Fluss und den Menschen verbunden."

Es war also doch möglich. "Stadt, Land, Fluss - 150 Jahre Land um München rechts und links der Isar" lautet der Titel der Ausstellung, die nun tatsächlich letztmals bis zum kommenden Freitag, 29. Mai, im Landratsamt am Mariahilfplatz zu besichtigen ist. Und korrekt müsste der Titel heute natürlich lauten: 153 Jahre Land um München. So alt ist der Landkreis München mittlerweile, dessen Geburtsstunde am 1. Juli 1862 schlug und in "der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung" der staatlichen Behörden fußt, wie die ehemalige Landrätin Johanna Rumschöttel in ihrem Grußwort für die Ausstellung schreibt. Mit der Errichtung der bayerischen Bezirksämter begann also auch die Geschichte der bayerischen Landkreise. Und die des Landkreises München ist eine ganz besondere; eine wechselvolle und intensive - das gilt bis heute und wird auch noch in die Zukunft hineinreichen.

Auf fünf Etagen lässt sich im Empfangsgebäude des Landratsamtes diese Geschichte besichtigen. Sie reicht von der Entwicklung der Landeshauptstadt München hin zur Residenzstadt der Wittelsbacher, vom Fall der Stadtmauern und dem immer weiter fortschreitenden Drang der Stadt nach außen über die Geschichte der bedeutsamen Landgerichte rechts und links der Isar, den stetigen Wandel nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs bis hin zu einem hochmodernen Technologiestandort, der seine Wurzeln und Traditionen aber nie vergessen hat.

Das Besondere diese Landkreises - auch das wird in der Ausstellung klar - ist seine einzigartige Lage als Speckgürtel um die Landeshauptstadt. Stadt und Land sind nicht mehr zu trennen, sie gehören unweigerlich zusammen. Bayerns Fürsten und Könige erkannten dies früh - noch heute existiert etwa das einzigartige Kanalsystem zwischen den Schlössern Nymphenburg, Dachau und Schleißheim. Doch nicht nur die vom Menschen erschaffene Schönheit spielt in der Schau eine Rolle, denn ohne die Lebensader Isar wäre die Geschichte von Stadt und Land eine andere gewesen. Heute ist die Isar, im Norden wie im Süden, ein allseits beliebter Naherholungsraum - und eine nicht wegzudenkende Verbindung zwischen Stadt und Land. So wie auch das Landratsamt, das stolz neben der nicht minder stolzen Mariahilfkirche am gleichnamigen Platz in der Au im ehemaligen Paulanerkloster residiert, das die Mönche bereits 1799 aufgegeben haben, weil sie die horrenden Steuern nicht mehr zahlen konnten. Der Sitz der Behörde ist Ausdruck der steten Veränderungen, die sich rein geografisch in und um München in den vergangenen Jahrhunderten ergeben haben, war doch die Au einst nicht nur eine eigene Ortschaft außerhalb Münchens, wie Kreisheimatpfleger Alfred Tausendpfund sagt. "Sie war eine Stadt."

Zwei Kommunen dieser Art gibt es heute im Landkreis München: Garching und Unterschleißheim. Wäre es nach den Vorstellungen der Nationalsozialisten gegangen, hätte der Landkreis deutlich mehr Städte umfasst: Die Nazis planten eigentlich nach Hitlers Vorstellung die Errichtung eines Landkreises München mit mehr als 280 Kommunen. "Mega-Gigantomanie" nennt Tausendpfund das Vorhaben, "das sich zum Glück nicht mehr verwirklichen ließ."

Auch davon berichtet die Ausstellung "Stadt, Land, Fluss". Ein beeindruckendes Zeugnis eines mehr als beeindruckenden Landkreises.

Die Ausstellung "Stadt-Land-Fluss - 150 Jahre Land um München rechts und links der Isar" ist letztmalig bis zum Freitag, 29. Mai, zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes (Montag bis Donnerstag, 8 bis 17.30 Uhr und Freitag von 8 bis 16 Uhr im Bauteil A (Haupteingang) zu sehen.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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