Ausstellung:Kunst tanken

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Ein "Notstromaggregat", zur Ausstellung beigesteuert von der Klasse 8a des Penzberger Gymnasiums. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Kunstzeche Penzberg hat in nur zwei Monaten eine originelle Ausstellung zum Thema "Notstromaggregat" auf die Beine gestellt. Dabei geht es um viele Facetten der Energie - und um Gotong Royong.

Von Anja Brandstäter, Penzberg

Auf tiefblauem Hintergrund, der an manchen Stellen fast schwarz ist, sind schemenhaft Hände zu erkennen, die entweder eine Laterne halten oder sie befüllen. Sechs Laternen unterschiedlicher Größe verströmen gelbes Licht in die Düsternis. Das Licht stammt von Glühwürmchen, die eingefangen und in die Glasbehälter gesperrt sind. "Ladestation" hat Thomas Grubert das großformatige Bild genannt. Es ist Teil der Ausstellung "Notstromaggregat", zu der die Kunstzeche Penzberg mehr als 30 Künstlerinnen und Künstler eingeladen hat. Die Schau im Museum Penzberg-Sammlung Campendonk vereint unterschiedlichste Techniken und Themen sowie originelle Ansätze im Zeichen der Energiekrise.

Thomas Gruberts "Ladestation". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wie kann man sich selber wieder aufladen, wie Energie tanken, wenn alles um einen herum eher düster und unübersichtlich erscheint? Manchmal gelingt dies bei einem Spaziergang. Zwei Menschen fassen sich an der Hand und laufen in eine unendliche Weite. Der Horizont ist hell, nichts steht ihnen im Weg. "Grenzenlos" nennt Caroline Reissner ihr Werk. Der Druck in Mischtechnik auf Aluminium misst nur zehn auf zehn Zentimeter, aber er hat es in sich.

"Grenzenlos", eine Arbeit von Caroline Reissner. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eine unerschöpfliche Kraft scheint Maria Sibylla Merian gehabt zu haben, als sie 1699 mit einem Segelschiff nach Surinam aufbrach. Die Naturforscherin und Künstlerin beschäftigte sich mit der Metamorphose von Insekten. Die Illustratorin Doris Eisenburger hat die Forscherin zum Thema gemacht. "Ich lese sehr gerne Biografien, dadurch komme ich den Personen nahe", sagt sie. Ihre feine Illustration zeigt das Porträt von Merian als junger Frau mit Locken, die von einem Kopftuch zusammengehalten werden. Um sie herum flattern bunte Schmetterlinge. Im Hintergrund angedeutet entdeckt der Betrachter Amsterdam und das Segelschiff, mit dem Merian reiste. Eisenburgers Werk erscheint als poetisches Wimmelbild für Entdecker in Aquarell-Technik.

Doris Eisenburger beschäftigt sich mit Maria Sibylla Merian. (Foto: Harry Wolfsbauer)

"Augen und Gotong Royong" heißt ein Hinterglasbild von Juschi Bannaski. "Gotong Royong" ist das indonesische Wort für gegenseitige Zusammenarbeit. Es beschreibt eine uralte Tradition im gesellschaftlichen Leben Indonesiens: An bestimmten Tagen treffen sich die Bewohner eines kleinen Kreises und bewältigen gemeinsam anfallende Arbeiten; sie bessern beispielsweise Straßen aus oder sammeln Müll ein. Die Beteiligung ist Pflicht, allerdings kann man sich gegen eine Gebühr davon freikaufen. Das Hinterglasbild zeigt mehrere Augenpaare, die beobachten, wie eine Schar Ameisen einen toten Gecko in ihren Bau befördert. "Ich verstehe das Bild als Anregung, durch selbstloses gemeinsames Handeln etwas zu erreichen", erklärt die Künstlerin.

Zur Eröffnung der Ausstellung "Notstromaggregat" am Freitagabend sind viele der mehr als 30 mitwirkenden Künstler gekommen, darunter auch das Kunst-Additum des Gymnasiums Penzberg. Acht Schülerinnen und Schüler zeigen Kaltnadelradierungen, die in der Schulgemeinschaft entstanden sind. Witzig ist das fahrbare "Notstromaggregat", das die Klasse 8a konstruiert hat. Es besteht aus Lautsprechern, Glühbirne, Dynamo, Kabel, Schlauch und einer Tastatur, das Ganze umwickelt von zahlreichen weiteren Kabeln.

In nur zwei Monaten hat die Kunstzeche Penzberg die Ausstellung auf die Beine gestellt. Ein solcher Kraftakt kann nur im Kollektiv realisiert werden. Zum Kuratoren-Team gehört Gisela Geiger. "Es gibt nichts Schöneres für mich", sagt die einstige Museumsleiterin. Sie kann auf jahrelange Freundschaften mit Künstlern und auf ein großes Netzwerk zurückgreifen. Ihr ist es auch maßgeblich zu verdanken, dass innerhalb von drei Tagen alle 42 Werke ihren Platz gefunden haben - durchaus eine Herausforderung in den kleinen, verwinkelten Räumen.

Die neue Museumsleiterin Annette Vogel (links) und Gisela Geiger (rechts) begrüßen die Gäste bei der gut besuchten Vernissage. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Initialzündung zu dieser Ausstellung gab die Karikatur "Schwein mit Lampe" von Achim Greser, die im Juni in der FAZ erschien. Sie zeigt ein Schwein, in dessen Rüssel ein mit einer Glühbirne verbundenes Kabel eingesteckt ist. "Die dahinterstehende karikierende Idee eines Notstromaggregats war für uns Ausstellungsmacher nicht von der Hand zu weisen und ließ uns die Finger kribbeln", erzählt Thomas Grubert, Vorsitzender der Kunstzeche. "Ich habe bei Achim Greser angerufen und ihn gefragt, ob er sein Bild bei uns zeigen würde. Er hat sofort zugesagt. Als Gage bat er um einen Korb mit Spezialitäten aus der Region."

Die Frage, ob es sinnvoll ist, in einer durch Krisen geprägten Zeit Kraft und Geld in eine Kunstausstellung zu stecken, wird in Penzberg klar beantwortet: Auf jeden Fall! Was man zu sehen bekommt, ist höchst inspirierend. Und bei der Vernissage gibt es einen solchen Andrang und lebendigen Austausch, dass man die Heizung getrost abschalten kann.

Bis 29. Januar, Infos unter museum-penzberg.de

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