Ausstellung in Icking:Aus der Welt des Amazonas

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Über die Amazonien-Sammlung des Ehepaars Fittkau referierte die Ethnologin Gabriele Herzog-Schröder im Ickinger Rathaus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Ethnologin Gabriele Herzog-Schröder erläutert eine Sammlung, die mehr als 4000 Alltags- und Kultgegenstände indigener Völker umfasst. Elise und Ernst Josef Fittkau bewahrten die Exponate lange in ihrem Privathaus auf.

Von Christa Gebhardt, Icking

Ein junger Forscher, gerade frisch verheiratet, geht auf Expedition in abgelegene Gebiete in Amazonien. Seine Frau, bald schwanger und mit zwei kleinen Kindern, bleibt zurück und wartet oft wochenlang auf ihn, allein im Unbekannten. Der Forscher sucht im Dschungel nach Zeugnissen versteckter oder vergessener indigener Kulturen. Das war die Situation für Ernst Josef und Elise Fittkau, die von 1960 bis 1963 in Brasilien fernab der Zivilisation lebten. Aus dem, was der Zoologe an indianischen Artefakten zusammentrug, entstand die Sammlung Fittkau. Darüber referierte die Ethnologin und Professorin Gabriele Herzog-Schröder im Ickinger Rathaus. Sie berichtete auch von persönlichen Begegnungen mit dem 2012 gestorbenen Zoologen, erläuterte die Historie der bedeutenden Sammlung und zeigte Exponate anhand von Fotos. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gemeinderätin Claudia Roederstein, die vor fünf Jahren an einer Führung durch die Ausstellung im Münchner Museum "Fünf Kontinente" teilgenommen hatte, die speziell für Ickinger gedacht war.

Auch für die meisten Zuhörer waren die auf den Fotografien gezeigten Stücke nichts Neues. Als Freunde und Bekannte des Ehepaars kannten sie den bunten und rätselhaften Schatz bereits, den die Fittkaus in den 1960-er und 1970-er Jahren in Südamerika gesammelt und lange Zeit in ihrem Haus in Icking aufbewahrt hatten. Er umfasst mehr als 4000 Alltags-und Kultgegenstände von unterschiedlichen Indianergruppen. Die Sammlung wurde dann in den "Fünf Kontinenten", dem ehemaligen Staatlichen Museum für Völkerkunde, in der Landeshauptstadt untergebracht. Experten veröffentlichten dazu eine Publikation mit dem Titel "Von der Leidenschaft zu finden - die Amazonien-Sammlung Fittkau".

Wie die Ethnologin Herzog-Schröder berichtete, begann die Suche, als Erich Josef Fittgau beschloss, die Ökologie der Tropen zu studieren, wobei er sich zunächst auf zoologische Präparate konzentrierte. Auf teils mehrwöchigen, strapaziösen Exkursionen kam er aber auch in Kontakt mit mehr als 100 Indianergruppen, für deren Alltags- und Festkultur er sich begeisterte. Das beweisen Fotos von ihm mit indianischen Ureinwohnern, die Herzog-Schröder mitgebracht hatte. Auch seine Frau Elise, die seit 1976 in Icking wohnt, war von der indigenen Kultur fasziniert und begann ihrerseits Kontakte zu knüpfen, insbesondere zu den Missionsstationen der Salesianer und den dort lebenden und arbeitenden Don-Bosco-Schwestern des Ordens Hijas de Maria Auxiliadora.

Dem Mutterhaus war der Referentin zufolge ein kleines Museum angegliedert, in dem "Ethonographica" der in der Umgebung lebenden Indianer ausgestellt waren, der Erlös war für Schulen und Einrichtungen der indigenen Völker gedacht. Dadurch lernte Elise Fittkau materielle Güter, aber auch kreative Kultgegenstände der Indianer kennen. Zunächst hatten es ihr vor allem die Masken angetan, die von den Kano oder Cubeo stammten - ihre beiden Töchter Bernadette und Susanne, die ebenfalls zum dem Vortrag gekommen waren, erinnern sich noch immer an besondere Masken im Ickinger Haus, vor denen sie sich manchmal gruselten. Bald begann Elise Fittkau außer fremdartigen Gestalten auch indianische Gebrauchsgegenstände zu sammeln, zum Beispiel Körbe und Keramik, ebenso Kultisches wie Rasseln und Federkronen. Bald darauf beschloss sie, dass es nicht beim Erwerb einzelner Objekte bleiben sollte. Die Idee seiner Frau, eine Sammlung indianischer Artefakte anzulegen, nahm Ernst Josef Fittkau begeistert auf und ergriff als Wissenschaftler und Systematiker die Initiative. Schließlich leitete er von 1976 bis 1992 die Zoologische Staatssammlung in München.

Der Vortragsabend war dem vor drei Jahren gestorbenen Zoologen gewidmet. Seine Frau, die immer noch in Icking lebt, erzählte dabei auch einige Anekdoten und Geschehnisse aus ihrer gemeinsamen Zeit in Brasilien, die nicht im Katalog zur Sammlung nachzulesen sind. Die Sammlung zeige "über ihre wunderschönen Exponate hinaus auch den rasanten kulturellen Wandel, der sich schon damals abgezeichnet hatte und sich heute durch Ausbeutung und Rodung des Regenwalds mit dem damit verbundenem Klimawandel bedrohlich verstärkt hat", erklärt Roederstein. Ausgewählte Stücke aus der Sammlung sind derzeit in der Regenwald-Ausstellung im Lokschuppen in Rosenheim zu sehen, die noch bis zum Sonntag, 29. November, geöffnet ist.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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