Aus dem Amtsgericht Wolfratshausen:Nacktbader oder Exhibitionist

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Richter stellt das Verfahren gegen einen Rentner ein

Von Benjamin Engel, Geretsried

Für Nudisten zählt das Isarufer in der Pupplinger Au zu den beliebten Treffpunkten. Das hatte einen heute 75-jährigen Germeringer an einem warmen Frühlingstag im April des Vorjahres dorthin gezogen. Der Mann hatte sich nackt auf eine Kiesbank am Ostufer der Isar gelegt. Immer wieder suchte er Blickkontakt zu zwei jungen Frauen am gegenüberliegenden Flussufer - und spielte währenddessen an sich herum. Die Frauen alarmierten die Polizei und zeigten den Mann an.

Jetzt musste sich der Rentner vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten. Das Verfahren wegen exhibitionistischer Handlungen wurde allerdings eingestellt. Nach der Beweisaufnahme blieb unklar, ob das Geschlechtsteil des Angeklagten für die Frauen zu sehen war. Vor Gericht reagierte der schlanke Senior zunächst ausweichend. Zu den Vorwürfen könne er nichts sagen. "Ich erinnere mich nicht, was ich gemacht habe." Er sei parallel zum Fluss gelegen und immer wieder aufgestanden, um sich die Füße im kalten Wasser zu kühlen. Die jungen Frauen am anderen Ufer habe er bemerkt. Beide seien aber ein ganzes Stück flussaufwärts gelegen. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst."

Das sah eine inzwischen 18-jährige Schülerin anders. Mit ihrer Freundin war sie auf Höhe des Geretsrieder Primelwegs zum Westufer der Isar gegangen. Dort ließen sich beide in Alltagskleidung nieder. Wie die junge Frau schildert, habe der Angeklagte immer wieder Blickkontakt gesucht und den Kopf in ihre Richtung gedreht. Dabei habe der Mann sich im Schritt angefasst. "Ich habe die Polizei angerufen, weil ich die Situation komisch fand und Kinder da waren", sagt die junge Frau. Beide Mädchen lotsten zwei Streifenpolizisten per Telefon zu dem Angeklagten an die Isar.

"Die Pupplinger Au ist bekannt für nacktes Treiben", berichtet einer der beiden alarmierten Streifenpolizisten. Als sie ankamen, habe der Angeklagte nackt auf dem Rücken gelegen. Drei bis vier Meter entfernt sei ein jüngerer ebenfalls nackter Mann gelegen. Die beiden Frauen hatten den Senior telefonisch als den Exhibitionisten bestätigt. Sich schon allein nackt auszuziehen, sei in den Isarauen prinzipiell eine Ordnungswidrigkeit, stellt der Polizist klar.

Auf dem Revier sagten die Frauen erst am Tag nach dem Vorfall aus. Einem schriftlichen Vermerk zufolge hatte eine Zeugin den erigierten Penis des Angeklagten nie gesehen, später jedoch anderes behauptet. Daher schlug Richter Urs Wäckerlin noch einen zweiten Verhandlungstag vor, um einen zweiten Streifenpolizisten zu vernehmen. Doch der Angeklagte blockte ab. "Möglicherweise ist da irgendetwas gewesen, was in diese Richtung interpretiert werden könnte", sagte er. Alle Beteiligten verständigten sich darauf, die Verhandlung einzustellen. Der Angeklagte soll 300 Euro an die Oberlandwerkstätten in Gaißach zahlen. "Eine Einstellung ist kein Urteil, aber auch kein Freispruch", mahnte Wäckerlin

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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