Aus dem Amtsgericht:Prügel am frühen Morgen

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Tölzer verurteilt, der mit Besenstiel auf 23-Jährigen einschlägt

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Am frühen Sonntagmorgen gegen 6 Uhr geht es normalerweise ruhig und friedvoll zu: Doch Ende August 2016 stehen zwei junge Männer vor der Eingangstür eines Mehrfamilienhauses in Bad Tölz. Sie rauchen und unterhalten sich laut. Ein 47-jähriger Hausbewohner fühlt sich beim Morgengebet gestört. Der Mann fordert Ruhe, worauf beide nicht reagieren. Die Stimmung ist aggressiv. Der Mann geht mit einem Besenstiel vor die Haustür. Damit soll er einen der jungen Männer ins Gesicht geschlagen haben, weswegen er sich wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht Wolfratshausen verantworten muss. Der Mann bestreitet, den Besenstiel eingesetzt zu haben - doch Richter Helmut Berger glaubt ihm nicht und verurteilt den Mann wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Bewährungsstrafe.

Im Sitzungssaal stritt der Angeklagte am Mittwoch vehement ab, den Besenstiel als Waffe eingesetzt zu haben - entgegen der Aussage des Älteren der jungen Männer. "Ich habe damit nicht zugeschlagen. Ich wollte mich schützen", erklärte er dem Richter. Erst habe er die jungen Männer durch das geöffnete Fenster seiner Wohnung im Erdgeschoss gebeten, ruhig zu sein. Beide seien aggressiv gewesen und seien nicht gegangen. Daher sei er vors Haus gegangen und habe den im Treppenhaus lehnenden Besenstiel mitgenommen. Auf seine erneute Aufforderung wegzugehen, hätten beide nicht reagiert.

Es kam zur Eskalation: Erst soll der 23 Jahre alte Kontrahent ein Rad genommen und ihm auf das rechte Schienbein geschmissen haben. In der anschließenden Rangelei soll dieser ihm den Besenstiel entwunden und ihm drei- bis viermal auf den Kopf geschlagen haben. Als beide stürzten, soll der 18-jährige Begleiter den Angeklagten gepackt und mit vor die Brust gedrückten Besenstiel festgehalten haben. "Der andere hat mich sechs- bis achtmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen", sagte der Angeklagte.

Dann hätte seine Frau vom Fenster aus "Aufhören" geschrien. Die Männer hätten voneinander abgelassen. Er sei in die Wohnung gegangen. Die beiden Männer hätten die Polizei gerufen.

Der 23-Jährige stritt gar nicht ab, dass die Stimmung an jenem Morgen aggressiv gewesen sei. Mit seinem Freund hatte er in einem Lokal gefeiert. Beide waren angetrunken. Vor dem Eingang des Mehrfamilienhauses rauchten sie Zigaretten. Der Angeklagte sei mit dem Besenstiel in beiden Händen auf ihn losgegangen, "wie mit einem Kampfstock". Zweimal sei er im Gesicht getroffen worden - an der Schläfe und am Jochbein. Er sei zurückgetaumelt und habe das Fahrrad zum Schutz dazwischen geschoben. "Dann ging er wieder auf mich los." Dass sein Freund den Angeklagten länger festgehalten und er diesen mit Fäusten im Gesicht traktiert habe, stimme nicht.

Mehrere Nachbarn waren durch die Auseinandersetzungen aufgeschreckt. Doch außer dem Lärm hatten sie vom Geschehen kaum etwas mitbekommen. Für die Staatsanwältin waren die Schilderungen des jungen Mannes überzeugend. Sogar die Polizei habe dieser selbst angerufen, was für ihn spreche. Sie forderte eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten und eine Zahlung von 3500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung für den Angeklagten. Dessen Verteidigerin plädierte auf Freispruch, der Tathergang sei nicht zweifelsfrei ermittelbar.

Die konkreten Schilderungen des 23-Jährigen überzeugten Richter Berger. Er erklärte, dass er zwar nachvollziehen könne, dass sich der Angeklagte gestört fühlte. Unverständlich sei für ihn aber dessen aggressives Verhalten. "Wir sind nicht im Wilden Westen, wo man das auf eigene Faust regelt." Er hätte am besten einfach in der Wohnung bleiben sollen. Berger verhängte eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten und eine Zahlung von 2000 Euro an die Lebenshilfe.

© SZ vom 08.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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