Aus dem Amtsgericht:Fahrverbot nach Zusammenstoß

Lesezeit: 2 min

Taxifahrer beschimpft Buben nach Unfall - und landet vor Gericht

Von Benjamin Engel, Geretsried

Nach einer Kollision mit einem damals neunjährigen Geretsrieder Schüler wäre der aus derselben Stadt stammende 60-jährige Taxifahrer verpflichtet gewesen, von sich aus seine Personalien anzugeben. "Damit wäre der Fall gegessen gewesen", sagte Richter Helmut Berger am Montag in der Verhandlung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort vor dem Wolfratshauser Amtsgericht. Er verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 2400 Euro und einem Monat Fahrverbot.

Aus einer Zufahrtsstraße auf Höhe der AOK-Geschäftsstelle wollte der Taxifahrer am 1. Juli des Vorjahres in die Egerlandstraße zurückstoßen. Da krachte der Bub - er fuhr mit seinem Cousin auf dem Gehweg - mit dem Fahrrad in das Auto. Der Schüler zog sich Prellungen und Verstauchungen zu. Weil ungeklärt blieb, ob der Taxifahrer oder der Schüler nicht aufgepasst hatte, wurde eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung fallen gelassen.

Nach dem Handy-Anruf ihres Sohnes rannte die 35-jährige Mutter - sie hatte ihren Vater ganz in der Nähe besucht - los. Ihr Sohn sei ihr entgegengekommen, der Taxifahrer losgefahren, sagte sie. "Ich habe gewunken, damit er stehen bleibt." Nachdem sie geklärt hatten, dass das Auto unbeschädigt geblieben war, sei der Mann weitergefahren. Sie habe ihn angezeigt. Auf Nachfrage von dessen Verteidiger, warum sie sich nicht nach dessen Personalien erkundigt habe, gab sie an, überfordert gewesen zu sein. "Ich wollte mich nur um meinen Sohn kümmern." Außerdem habe sie das Nummernschild und den Namen des Taxiunternehmens gekannt.

Dass der Mann ihren Sohn beschimpft hatte, wie dieser selbst und zwei Zeugen bestätigten, die den Unfallhergang allerdings nicht gesehen hatten, erboste die Mutter am meisten. Sie rief beim Taxiunternehmen an. Doch ihre Forderung nach einer Entschuldigung blieb erfolglos. "Ich wäre nicht zur Polizei gefahren, wenn man mich anders behandelt hätte", sagte sie. Der Sohn wusste nicht mehr, ob das Taxi beim Zusammenstoß gestanden habe oder gefahren sei. Er erinnerte sich, dass er versuchte zu bremsen. "Dann war der Rest schwarz", sagte er.

Der Angeklagte bestritt die Fahrerflucht. Nach dem Unfall habe er mit dem Buben die Personalien austauschen wollen. "Da lief der Junge weg", erklärte er. Mit dem Auto sei er dem Schüler hinterhergefahren und sei auf dessen Mutter gestoßen. Die Frau habe ihn wüst beleidigt und sich geweigert, die Polizei für ihn anzurufen. Sein Handy-Akku sei leer gewesen. Später sei er selbst zur Polizei gefahren.

Die Staatsanwältin sah die Fahrerflucht als erwiesen an, forderte eine Geldstrafe von 3150 Euro und drei Monate Fahrverbot. Auf Freispruch plädierte der Verteidiger. Der Mann sei auf Höhe der Mutter ausgestiegen, was ihr ermöglicht habe, seine Personalien festzustellen. "Er muss nicht zu ihr hingehen und sagen, er ist der und der", erklärte er. Der Amtsrichter widersprach. "Seine Pflicht wäre es gewesen, seine Personalien anzugeben." Dass der Schüler nach dem Schimpfen die Flucht ergriffen habe, sei nachvollziehbar. Dass die Mutter den Taxifahrer beschimpft habe, glaube er nicht.

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: