Arbeit im Landkreis:Alarmierende Niedriglohnzunahme

Lesezeit: 1 min

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen arbeiten rund 4600 Vollzeit-Beschäftigte zum Niedriglohn. Für die Gewerkschaft NGG ein Alarmsignal. (Foto: NGG/oh)

Gewerkschaft kritisiert Mini-Löhne besonders im Lebensmittel- und Gastgewerbe

40 Stunden die Woche arbeiten, und trotzdem reicht es am Monatsende nicht: Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen arbeiten nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) rund 4600 Vollzeit-Beschäftigte zum Niedriglohn. Damit liegt jeder fünfte Arbeitnehmer (19,3 Prozent) trotz voller Stundenzahl unter der amtlichen Niedriglohnschwelle von aktuell 2203 Euro brutto im Monat. Das teilt die NGG in einer Pressemeldung mit. Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Geschäftsführer Georg Schneider spricht von einem "Alarmsignal". Tausende Menschen hätten trotz langer Arbeitstage enorme Probleme, finanziell über die Runden zu kommen. "In Metzgereien, Bäckereien, Fastfood-Betrieben, Restaurants und Hotels ist der Anteil von Niedriglohn-Beschäftigten dabei besonders hoch. Hier müssen die Firmen endlich deutlich höhere Löhne zahlen", fordert Schneider. Nach Angaben der Arbeitsagentur liegen bundesweit 53 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Lebensmittel- und Gastgewerbe unter der Niedriglohngrenze.

Eine Hauptursache für diesen Zustand ist nach Einschätzung der NGG die schwindende Tarifbindung. "Auch im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen zahlen immer weniger Hoteliers und Gastronomen nach Tarif. Statt mit dem Tariflohn von 13,34 Euro pro Stunde geht ein gelernter Koch dann nur mit dem Mindestlohn von 9,19 Euro nach Hause. Wie soll man damit eine Familie durchbringen?", kritisiert Schneider. Um diesen Trend zu stoppen, müssten sich Firmen, die Mitglied im Arbeitgeberverband sind, an die mit der Gewerkschaft ausgehandelten Tarifverträge halten und armutsfeste Löhne zahlen. Nach Beobachtung der NGG nimmt die Zahl der Verbandsmitglieder, die aus der Tarifgemeinschaft ausscheren, seit Jahren zu.

"Außerdem muss es noch mehr Tarifverträge geben, zu denen ganze Branchen durch die Politik verpflichtet werden - gerade da, wo der Niedriglohnsektor wuchert", sagt Schneider. Am Ende komme es aber auch auf die Beschäftigten selbst an, betont die NGG. "Wer in der Gewerkschaft ist, hat nicht nur beim Lohn, sondern auch bei Urlaub und Arbeitszeit die besseren Karten."

Das durchschnittliche Vollzeit-Einkommen liegt im Landkreis laut Arbeitsagentur bei 3171 Euro (brutto) im Monat - im Bundesschnitt sind es 3304 Euro.

© SZ vom 18.12.2019 / cjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: