"Anatevka" in Bad Tölz:Geiger auf dem Dach

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Die Tölzer Musikschüler und Gymnasiasten proben bereits seit mehr als einem Jahr das Musical über eine jüdische Familie im russichen Kaiserreich. Premiere ist am 15. März im Tölzer Kurhaus. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Schüler der Musikschule und des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums proben das bekannte Stück - ein in vielerlei Hinsicht anspruchsvolles Musical

Von Jana Spielmann, Bad Tölz

Die jüdische Familie um den Milchmann Tevje im Schtetl Anatevka befindet sich in einer prekären Situation: Sie ist gefangen in eisernen Traditionen und strengen Glaubensvorschriften der in Russland lebenden Juden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Tevjes Familie lebt in ärmlichen Verhältnissen und wird durch die Diskriminierung der Juden im russischen Zarenreich zunehmend bedroht. Kein inhaltlich einfaches Musical ist "Anatevka - Fiddler on the Roof" also, das die Tölzer Musikschule und das Gabriel-von-Seidl-Gymnasium Mitte März zusammen aufführen werden. Der Titel "Anatevka" bezeichnet das fiktive Schtetl in Russland, in dem die jüdische Familie lebt und aus dem sie schließlich vertrieben wird. Der Zusatz "Fiddler on the roof" bezieht sich auf das gleichnamige Bild des französischen Malers Marc Chagall, der wie die Figuren des Stücks auf eine polnisch-jüdische Herkunft zurückblickt. "Der Konflikt zwischen Glaube und Tradition einerseits und politischer Vertreibung andererseits, der in dem berühmte Musical behandelt wird, ist hochaktuell", sagt Harald Vorleuter, Schulleiter des Gymnasiums.

Die Gemeinschaftsproduktion unter Intendanz von Vorleuter und Musikschulleiter Harald Roßberger ist von einer Größenordnung, die es bisher noch nicht gab: Etwa 80 Schüler beider Schulen von der neunten bis zur elften Jahrgangsstufe wirken in Chor, Orchester, als Tänzer oder Darsteller mit. Die Rollen sind jeweils doppelt besetzt, um mehr Schülern die Möglichkeit zum Schauspielen zu geben. Geprobt wird bereits seit Januar vergangenen Jahres. Jetzt gehen die Proben des Stücks in ihre Endphase über.

Die größte Herausforderung sei es nun, die einzelnen Fragmente zusammenzuführen, erklärt der Schauspieler Markus H. Eberhard, der zusammen mit Gesangslehrerin Elisabeth Artmeier-Mogl Regie führt. "Wir kämpfen an verschiedenen Fronten. Zwar sitzen die Szenen und Stücke. Aber alles zusammen - Schauspiel, Tanz, Musik - daran müssen wir noch arbeiten." Mit den Proben sei man aber grundsätzlich gut in der Zeit.

Für den Schulleiter des Gymnasiums, das mit dem Tanztheater "Momo" im vergangenen Sommer bereits ein ähnliches Großprojekt gestemmt hat, ist das Projekt auch "pädagogisch wertvoll": Durch die Zusammenarbeit im Team und das Hinarbeiten auf ein Ereignis lernten die Schüler "unbezahlbare soft skills", die im Unterricht nie so vermittelt werden könnten.

Ein typisches Schulprojekt ist "Anatevka" nämlich nicht: Die Musikstücke, darunter berühmte Hits wie "If I Were A Rich Boy", hätten es in sich und seien eigentlich nicht für Amateure geschrieben, betont Roßberger. Und auch die Kosten sind überdurchschnittlich hoch. Während die Organisatoren im Mai 2016 noch von rund 20 000 Euro ausgegangen sind, wurden die Ausgaben nun auf rund 30 000 Euro nach oben korrigiert. Das liegt auch an den Aufführungsrechten und dem teuren Notenmaterial. Öffentliche Geldgeber sind unter anderem der Bezirk Oberbayern und die Stadt Bad Tölz. Trotz des hohen Kostenaufwands steckten viele hundert Stunden ehrenamtlicher Arbeit im Projekt, betont Eberhard.

"Anatevka" feiert am Mittwoch, 15. März, um 19 Uhr im Tölzer Kurhaus Premiere. Weitere Aufführungen sind am Freitag, 17. März, und dem darauffolgendem Samstag um jeweils 19 Uhr, sowie am Sonntag, 19. März, um 17 Uhr. Außerdem gibt es eine Sondervorstellung für Schulen am Freitag, 17. März, um 10 Uhr. Karten im Vorverkauf kosten 9 und 12 Euro und sind in der Musikschule, bei der Tölzer Tourist-Information und über München Ticket erhältlich.

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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