Amtsgericht Wolfratshausen:Junge Frau räumt Tresor aus

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Weil ihr Freund Geld braucht, täuscht eine 23-Jährige einen Einbruch in der Bankfiliale vor, in der sie arbeitet. Sie wird schnell geschnappt und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die junge Frau will, dass die Streitereien mit ihrem Freund um Geld endlich aufhören. Daher fasst die damalige Bankangestellte Anfang April den Entschluss, in die Filiale im Landkreis einzubrechen, in der sie arbeitet. So berichtet sie es bei der Verhandlung am Wolfratshauser Amtsgericht. Bis hin zur Mütze hat sich die damals 23-Jährige im April schwarz angezogen. In die Mütze schneidet sie Öffnungen für die Augen und streift sie über den Kopf. So öffnet die Frau mit einem Reserve-Generalschlüssel zur Mittagszeit die Noteingangstür der leeren Filiale. Sie weiß, dass ihre Kollegen wie immer an diesem Tag auswärts essen. Mit einem Schlüssel aus dem Schalterraum sperrt sie den Tresor auf, flieht mit rund 222 000 Euro. Doch schon wenig später wird sie überführt, auch mittels der Videoaufzeichnungen aus der Filiale.

Was die junge Frau mit "guter Ausbildung" angetrieben hat, kann Amtsrichter Helmut Berger schwer nachvollziehen. "Das ist nicht ganz die klassische Spontantat", sagt er. Am Montag verurteilt er sie zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen Diebstahl. Außerdem muss sie an die Lebenshilfe 2500 Euro zahlen. Zugute kommt der Frau, das sie die Beute vollständig zurückgezahlt hat. Den Ermittlern hatte sie die Tat sofort gestanden und die Polizisten zum Versteck der Beute im Gartenhäuschen ihres Großvaters geführt. Im Prozess wirkt die junge Frau, die nicht im Landkreis wohnt, sichtlich mitgenommen. Sie kann kaum sprechen ohne zu weinen. Mit ihrem Freund habe sie nur glücklich sein wollen, berichtet sie. "Ich wollte, dass wir aufhören zu streiten." Kurz vor der Tat hätten sie eine Auseinandersetzung gehabt, weil ihn wieder einmal Geldprobleme plagten. Hinzu seien psychische Probleme gekommen. In Beziehungen habe sie Schwierigkeiten sich abzugrenzen, sagt sie. Wenn sich ihr Freund schlecht gefühlt habe, sei es auch ihr nicht gut gegangen.

Zur Zeit des Einbruchs ist die junge Frau mitten in Umzugsarbeiten. Sie hat mit ihrem Freund die erste eigene Wohnung gemietet. Sie findet ihren eigenen Generalschlüssel zu Hause nicht mehr und greift zu einem Ersatz aus der Filiale. Zwei Tage vor der Tat meldet sie sich krank, weil sie sich im Streit mit ihrem Freund die linke Hand stark verstaucht hat.

Noch in der Früh fährt die Angeklagte am Tattag mit dem Auto zu ihren Eltern, um Sachen für den Umzug abzuholen. Dann geht es zur Bankfiliale. Dort handelt sie so nachlässig, dass der Diebstahl sofort auffällt. Sie lässt den Schrank mit dem Tresorschlüssel offen stehen. Die Noteingangstür zum Treppenhaus des Geschäftshauses ist nur angelehnt. Das kommt dem 50-jährigen Filialleiter nach der Mittagspause seltsam vor. "Jeder X-beliebige Mensch hätte die Geschäftsstelle einfach so betreten können", sagt er. Als seine Mitarbeiter die aufgerissenen Safe Bags mit nur noch wenig Banknoten im Tresorraum finden, alarmiert er die Polizei. Zu diesem Zeitpunkt verdächtigt er die Angeklagte noch nicht. "Sie war eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin."

Weil Einbruchsspuren fehlen, geraten jedoch schnell die Mitarbeiter ins Visier der Ermittler. Der Zugang zur Filiale ist nur über einen Generalschlüssel mit Chip möglich. Wie ein Polizist berichtet, kann über die Zentrale der Bank überprüft werden, welcher Mitarbeiter mit welchem Chip die Filiale betreten hat. Zudem gab es Videoaufnahmen, über welche die Angeklagte identifiziert werden konnte. In der Vernehmung habe die Frau sofort gestanden und das Beute-Versteck preisgegeben. "Es sprudelte förmlich aus ihr raus." Auf ihn habe die Angeklagte überfordert gewirkt, so als habe sie die Reichweite der Tat gar nicht überblickt, ergänzt der Kriminalist.

Von Diebstahl in einem besonders schwerem Fall geht die Staatsanwältin aus. Sie fordert eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Als Angestellte der Bank habe die Frau das besondere Vertrauensverhältnis missbraucht. Dagegen plädiert der Verteidiger für eine Strafe von nicht mehr als eineinhalb Jahren. Seine Mandantin habe sich Entlastung verschaffen wollen. Sie habe die Tat nicht lange geplant. "Es sollte irgendetwas her, um ihren Freund glücklich zu machen", sagt er. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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