AfD-Kundgebung:Martialische Töne zur Zither vom Band

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Landeschef Petr Bystron muss ohne Kapelle und FPÖ-Redner auskommen. Die Polizei stellt bei rechten Demonstranten Messer und Pfeffersprays sicher

Von David Costanzo, Geretsried

"Hallo, Geretsried", ruft der bayerische AfD-Vorsitzende Petr Bystron zur Begrüßung. "Willkommen bei der drittstärksten Partei in Deutschland." Rund 150 Anhänger sind nach Polizeiangaben dem Aufruf der rechtspopulistischen Partei zur Kundgebung auf dem Neuen Platz gefolgt. 500 Teilnehmer hat die Partei erwartet. In ihren Beiträgen arbeiten sich die Redner an Flüchtlingen, Gegendemonstranten, Medien und vor allem an der CSU ab. Politische Lösungsvorschläge sind rar.

"Franz Josef Strauß wäre heute in der AfD", schließt Bystron. CSU-Mitglieder, fügt er hinzu, würden ihm nach Veranstaltungen sagen, dass sie AfD wählten. "Was ist aus der CSU geworden?", fragt er und greift einen Zuruf aus dem Publikum auf: "Waschlappen!"

Überhaupt pflegt er martialisches Vokabular. Angela Merkel habe 1,5 Millionen Flüchtlinge "hereinspazieren" lassen, später sagt Bystron, sie seien "einmarschiert". Europa könne seine Probleme selbst lösen, man müsse dafür nicht "zu den Türken gehen". Die Gegendemonstranten protestierten gegen ihn, den anerkannten Asylbewerber, der mit seinen Eltern aus der Tschechoslowakei flüchtete. "Was für Deppen sind das?"

Die Partei sei weder ausländerfeindlich noch rechtsextrem. "Sagt mir eine einzige Aussage eines Mitglieds der AfD in Bayern, die rassistisch ist", raunt Bystron in einem seiner auffälligen Lautstärke- und Tempowechsel, "und ich trete sofort zurück." Gleichzeitig inszeniert er die Partei als letzten Kämpfer für die "Heimat" und begrüßt ausdrücklich Mitglieder der rechten "Identitären Jugend".

Die AfD-Anhänger, es sind vorwiegend Männer, quittieren die Angriffe mit Sprechchören: "Merkel muss weg", "Lügenpresse" oder "Wir sind das Volk". Deutsche und bayerische Fahnen wehen, einzelne Teilnehmer tragen Lederhose. Ein Deutschrapper namens Chris Ares tritt auf. Weil die engagierte Blaskapelle ihren Auftritt kurzfristig absagte - die Veranstaltung schlug ihr nach eigenen Worten "zu hohe Wellen" - kommt die Zithermusik vom Band. Ein Redner der FPÖ lässt sich entschuldigen.

Die zweistündige Veranstaltung verläuft friedlich. Die Polizei stellt acht Taschenmesser und sieben Pfeffersprays bei Teilnehmern sicher, die eher dem rechten Spektrum zuzuordnen seien. Einige Demonstranten wurden kurzzeitig festgenommen, um ihre Identität festzustellen. Zu einer Schlägerei war es vor der Veranstaltung am Bahnhof in Wolfratshausen gekommen: Ein 60-jähriger Münchner fotografierte laut Polizei Jugendliche, die ihn daraufhin als "Nazischwein" titulierten. Es kam zu einer Rangelei, bei der niemand ernsthaft verletzt wurde. Die Polizei nahm Anzeigen wegen Beleidigung und Körperverletzung auf, kontrollierte die Beteiligten und ließ sie zur Demonstration nach Geretsried fahren.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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