A-capella:Spät noch originell

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Das A-capella-Ensemble "Mundwerk" aus München steigerte sich bei seinem Auftritt im Kramerwirt in Arzbach. (Foto: Harry Wolfsbauer)

"Mundwerk" überzeugt in Lenggries erst nach der Pause

Von Sabine Näher, Lenggries

"Alles mit'm Mund" heißt ein Hit der Leipziger Prinzen, einer der ersten Pop-a-cappella-Gruppen, die bald nach der Wende Furore machten. Dass man einen spannenden Sound ganz ohne Instrumente kreieren kann, hat sich seither herumgesprochen. So gründete sich 2002 auch die Münchner Gruppe "Mundwerk", ursprünglich eine reine Boygroup, die sich 2006 durch zwei Sängerinnen in ein gemischtes Ensemble verwandelte. Birgit Pfirstinger und Susanne Mörtl sind nach wie vor dabei; die aktuelle Männerbesetzung besteht aus Sebastian Prittwitz, Jens Ickert und Christian Wolf. Am Samstagabend hatten sie den Weg ins tief verschneite Arzbach gefunden, um in der Lenggrieser Reihe KKK beim Kramerwirt aufzutreten. Vor ausverkauftem Saal boten die fünf Sänger ein Programm, das vor der Pause doch manche Länge aufwies.

Die Arrangements klangen zu ähnlich, die Choreografie bot ebenfalls wenig Abwechslung. Die vor jeder Nummer dargebotene Moderation war teilweise origineller als die folgende Musik. Und so wollte der Funke nicht so recht überspringen. Bis zur ersten echt bayerischen Nummer, die eine typische Szene im Biergarten darstellte: Man ist durstig, kann es kaum erwarten, das kühle Bier zu schlürfen - doch es kommt keins! Mit dem rasch einstudierten "Chorgesang": "Ober, zackig! N'Helles!" als Unterstützung trug die Truppe auf Howard Carpendales Hit "Alice" mit zunehmender Verzweiflung eine witzige und originelle Parodie "Wann kriegen wir denn hier - ein Helles?" vor. In bester Stimmung wurde das Publikum damit in die "Bier-Pause" geschickt.

Danach wurde es farbiger, nicht nur bei der Gewandung der nun schwarz-grün gekleideten Sänger ("Wie ihr seht, haben wir uns umgezogen. Das hätten wir von euch eigentlich auch erwartet . . . "), sondern auch musikalisch. Da die Qualität der A-cappella-Ensembles, für die es längst eigene Festivals und sogar Wettbewerbe gibt, in den vergangenen Jahren enorm gestiegen ist, sind auch die Erwartungen des Publikums gewachsen. Wer sich nicht durch überragende Stimmqualität auszeichnet, muss sich etwas anderes einfallen lassen, zum Beispiel eine ausgefeilte Bühnendramaturgie oder eben witzige, originelle Arrangements. Davon gab es bei "Mundwerk" nach der Pause zum Glück einige mehr.

Etwa das virtuos schnell dahin eilende "What shall we do With the Drunken Sailor?" nach der Anmoderation: "Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Kollegen, der immer wieder betrunken zum Dienst kommt. Welche Maßnahmen der Disziplinierung könnten ergriffen werden?" Oder ein von den fünf Sängern sechsstimmig vorgetragenes Lied samt der anschließenden Frage "Wie kann das gehen?" und der darauf folgenden Einführung in den Obertongesang, an die sich die praktische Übung mit dem Publikum anschlossen ("Das war schon ganz gut. Es sind zwar noch einige Ziegen dabei, aber das wird schon!"). Auch die Einführung in die atmosphärisch aufgeladene Nummer "Ripe & Ruin" war lustig: Der Einkauf von Avocados wurde zur Veranschaulichung herangezogen, die immer, wenn man sie schält, entweder noch unreif oder schon überreif sind. Um den einer jeden guten Kulturveranstaltung innewohnenden Bildungsauftrag zu erfüllen, wurden die Mädels kurzerhand von der Bühne geschickt, und die Herren boten eine musikalische Gebrauchsanweisung für das Rätsel Mann ("Wir erklären den Frauen im Publikum jetzt mal, wie Männer so ticken").

Mit einem passgenauen Arrangement einer Nummer von Rammstein, die einen fugierten, an Alte Musik erinnernden Mittelteil aufwies, erstaunte das Ensemble ganz zum Schluss. Viel Beifall - und drei Zugaben: eine fetzige Version des Gospels "Go, Tell it on the Mountain", eine doch arg ins Kitschige abgleitende bayerische Nummer ("I g'her do hi") und eine witzige musikalische Verabschiedung samt CD-Kaufempfehlung.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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