Sie haben Yannick Hanfmann ganz prominent auf ihre Homepage platziert, die Turnierveranstalter des Challengers in Ismaning. Als größte Werbefigur. Warum auch nicht, der gebürtige Karlsruher, der an der Tennisbase in Oberhaching lebt und trainiert, hatte ja einen überaus erfolgreichen Spätsommer. Im August gewann er das Challenger in Todi, im September kam er gar beim ATP-Turnier in Kitzbühel ins Finale. Dort besiegte er auf seinem Weg vier Top-100-Spieler - und sprang dadurch als 97. selbst zum zweiten Mal in seiner Karriere in diesen illustren Kreis. Zwei Wochen nach Kitzbühel ließ Hanfmann auch in Hamburg das Publikum staunen, als er in der ersten Runde den Top-Ten-Spieler Gael Monfils in zwei Sätzen, ja man muss fast sagen, deklassierte. Im Achtelfinale war Endstation, aber weitere Punkte und knapp 25 000 Euro waren Hanfmann trotzdem sicher. Schon in Kitzbühel waren es knapp 20 000 gewesen.
In Ismaning, wo an diesem Samstag die Wolffkran Open beginnen, wird bei Weitem weniger Geld verteilt. Das Challenger-Turnier ist bei seiner vierten Auflage mit insgesamt eher bescheidenen 44 820 Euro dotiert, der Sieger bekommt 6190 Euro und 80 Weltranglistenpunkte. Dafür gilt die Veranstaltung im Nordosten von München als besonders familiär, das Wohlfühlambiente und die persönliche Betreuung locken in diesem Jahr mehr als ein Dutzend Spieler an, die in ihrer Karriere schon einmal zu den 100 besten Spielern der Welt gehörten oder aktuell noch gehören. Es ist laut Veranstalter die stärkste Besetzung in der Turniergeschichte.
Neben Hanfmann, Nummer zwei der Setzliste, hat der topgesetzte Argentinier Federico Delbonis (ATP 81) zugesagt, der 2013 am Hamburger Rothenbaum Roger Federer bezwang und ins Finale einzog. Mit seinem Sieg im entscheidenden Einzel führte er außerdem Argentinien 2016 zum bislang einzigen Davis-Cup-Titel. Eine erfolgreiche Titelverteidigung strebt der Slowake Lukas Lacko (ATP 180) an. Auch sein letztjähriger Finalgegner, der US-Amerikaner Maxime Cressy (159), ist am Start.
Aus deutscher Sicht ist neben Hanfmann der Serve-and-Volley-Spezialist Dustin Brown, der in seiner Karriere Lleyton Hewitt und Rafael Nadal in Wimbledon schlagen konnte, wieder dabei, Maximilian Marterer, der ehemalige Weltranglisten-45., bekommt eine Wildcard fürs Hauptfeld. Dort ist auch Daniel Masur als Nachrücker hineingerutscht. Davis-Cup-Spieler Cedric-Marcel Stebe (ATP 133) gibt bei der "Internationalen Hallenmeisterschaft von Bayern", wie das Challenger-Turnier sich nennt, sein Debüt. Selbst ein ehemaliger Top-Ten-Spieler hat seine Zusage gegeben: Der Lette Ernests Gulbis (ATP 165), der als 13-Jähriger an die Tennis-Akademie von Niki Pilic in Oberschleißheim kam und von Günter Bresnik 2014 ins Halbfinale der French Open und auf Platz zehn der Welt geführt wurde.
Mit die größte Aufmerksamkeit dürfte aber dem 19-jährigen US-Amerikaner Brandon Nakashima zuteil werden, einem der vielen Talente, die in Ismaning ihr Glück versuchen. Oder vielmehr seinem Trainer: Der heißt Pat Cash und war in den Achtzigern einer der besten Spieler der Welt. 1987 hat der Australier Wimbledon gewonnen, zweimal stand der heute 55-Jährige im Finale der Australian Open - und verlor beide Male in fünf Sätzen gegen Stefan Edberg und Mats Wilander. Außerdem gewann der Mann mit dem Stirnband zweimal den Davis Cup.
In Ismaning ist Cash nun stiller Beobachter auf der Tribüne, aber trotzdem der Stargast des Challengers. Es steht nicht nur deswegen unter einem besonderen Stern. Denn erstmals werden keine Tickets verkauft, wegen der Pandemie haben nur wenige Sponsorengäste nach vorheriger Anmeldung Zutritt. Damit Interessierte das Turnier trotzdem verfolgen können, wird ein Livestream und ein Liveticker von allen Spielen auf der neu gestalteten Homepage (www.Wolffkran-Open.de) angeboten.
Auch sonst gibt es viele Einschränkungen: Statt einer Players Party wird nur ein Abendessen veranstaltet. In dessen Rahmen findet auch die Inklusionsveranstaltung statt, mit der siebenmaligen Paralympics-Siegerin Anna Schaffelhuber als Ehrengast. Die Spieler müssen sich vor Turnierbeginn testen lassen, ihnen wird permanent Fieber gemessen, es gibt abgesperrte Bereiche zwischen Profis und Offiziellen. Außerdem wurde seitens der ATP auch der Turniermodus verändert, um die Spieler auf der Anlage zu verteilen. Anstelle des 48er-Hauptfeldes gibt es in diesem Jahr zusätzlich zum 32er-Hauptfeld wieder ein 16er-Qualifikationsfeld am kommenden Wochenende. Dadurch verlängert sich das Turnier von sieben auf neun Tage. Es sei "lange aufgrund der Corona-Entwicklungen auf der Kippe" gestanden, sagt der neue Turnierdirektor Christoph Poehlmann, der gleich zum Amtsantritt vor einer großen Herausforderung steht.
Aber die Spieler kennen sich inzwischen ja aus mit den vielen Schutzmaßnahmen, auch Yannick Hanfmann. Bislang, hatte man den Eindruck, haben sie ihn nicht wirklich gestört bei seinen Erfolgen. Hanfmanns Ziel ist klar in Ismaning: Wieder unter die Top 100 zu kommen. Seit Montag ist er nur noch 101. der Weltrangliste.