Wohnungsmarkt in München:Gigantische Wettbewerbsverzerrung

Lesezeit: 1 min

Unter denen, die kein Google-Gehalt beziehen, macht sich Zynismus breit: Wer ergattert bei solcher Konkurrenz noch eine Mietwohnung?

"In bester Lage" vom 10. März über den Münchner Wohnungsmarkt:

Lässig mit links

Erst war es ein eher makabrer Scherz in unserer Runde, damals nach der ersten Meldung über die Google-Zuzüge, dann geriet er zum Running Gag, doch jetzt ist alles einfach richtig ernst. Über tausend neue Arbeitsplätze brachte Google zusätzlich nach München, andere werden folgen, wieder Tausende. Aber das sind eben einfach nicht nur Arbeitsplätze, sondern die Werktätigen dort sind imstande, überteuerte, unverschämte Mieten lässig mit links locker zu löhnen. Bitter haben wir uns schon damals die künftige Wohnungssuche ausgemalt: Ist der Konkurrent ein Googlianer, hat überhaupt kein Anderer noch eine Chance, weil ja der Google-Mensch vermutlich automatisch gleich mal das Doppelte bieten kann. Die Stadt freut sich über schöne Gewerbesteuern, während die Europäische Union noch um Steuern der Digitalgiganten ringt, und die Münchner Vermieter werden weiterhin nicht darben. Nur die Perspektiven für Mieter und Wohnungssuchende entsprechen einem ganzjährigen November. Angelika Boese, München

Die Einsamkeit der Manager

Wenn der Zuzug und die Mietenentwicklung so weitergehen, werden die Manager irgendwann alleine in ihren Luxuswohnungen sitzen, ohne Lehrer/-innen für die Kinder, ohne Schutz durch die Polizei, ohne Einkaufsmöglichkeiten, ohne ärztliche Versorgung, ohne Lokale, und so weiter. Wie wäre es mit einem Zwang zum Bau von Werkswohnungen statt lauwarmer Empfehlung der Freiwilligkeit, oder auch mit einem Mietendeckel? Am schönsten wäre natürlich eine Vergesellschaftung von Grund und Boden. Renate Ewald, München

Münchens Kurs korrigieren

Nach Lesen des Artikels habe ich mir die Frage gestellt, über welchen der beiden Exponenten ich mich eigentlich mehr ärgern soll. Den CSU-Wirtschaftsreferenten Georg Baumgärtner oder den Leiter der Unternehmenskommunikation von Amazon, Daniel Kälicke. Der eine sieht sich offensichtlich als bayerischer Wirtschafts-Lobbyist vorrangig amerikanischen Wirtschaftsgiganten verpflichtet, der andere ist ernsthaft der Meinung, dass Amazon in München durchaus als Corporate Citizen wahrgenommen werde. Den einen interessieren die eigentlichen Bedürfnisse der Stadtbevölkerung nicht im geringsten, und der andere sollte sich selbstkritisch die Frage stellen, ob er in dieser Stadt wirklich angekommen ist.

Die Zeit drängt nach einer städteplanerischen Kurskorrektur. Die unmittelbar bevorstehenden Kommunalwahlen bieten dafür eine gute Gelegenheit. Wir haben es in der Hand. Wolfgang Specht, München

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: