Weltgrößte Baumaschinen-Messe Bauma:Von Männern und Maschinen

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Maschinen von einschüchternden Dimensionen sind auf der Bauma in Riem zu sehen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Baggerschaufeln, in denen locker Kleinwagen parken können und Lastwagen so groß wie Einfamilienhäuser. Was auf der weltgrößten Baumaschinen-Messe in München präsentiert wird, beeindruckt - vor allem Männer. Die pilgern in allen möglichen Kostümierungen dorthin.

Ein Besuch von Stephan Handel

Das Handgelenk jetzt mal bitte steif machen, sagt der Moderator, und dann eines versuchen: In die Hosentasche zu greifen, "aber möglichst in die eigene". Das ist nämlich gar nicht so leicht, um nicht zu sagen unmöglich, und wer diese Erfahrung einmal gemacht hat, dem wird auch einleuchten, warum es dringend notwendig war, das Prinzip des beweglichen Handgelenks in die Welt des Baggerns zu transferieren, was die Firma engcon nun glücklicherweise geschafft hat.

Wer also, wie der gerade hinter dem Moderator in einer Art Sandkiste agierende Baggerfahrer, in seinem Garten einen Kanalring auszuheben hat, der muss nun nicht mehr das Ungemach auf sich nehmen, mit der eckigen Baggerschaufel um den runden Ring herumzubaggern und das Gerät womöglich auch noch zu versetzen, um überall hinzukommen. Denn diese Baggerschaufel dreht sich 360 Grad im Kreis und nach links und rechts geschwenkt kann sie auch noch werden, eine Revolution! Die Zuschauer holen ihre versteiften Handgelenke aus den Hosentaschen und applaudieren ein bisschen.

Es ist natürlich ein bisschen gemein, die Errungenschaften, die seit Montag auf der Bauma präsentiert werden, der weltgrößten Messe für Baumaschinen, mit einem ausgesprochen laienhaften Blick anzuschauen, der überschrieben sein könnte mit dem klassisch bayerischen: "Braucht's des?" Offensichtlich braucht's des, denn sonst käme ja wohl niemand auf die Idee, Baggerschaufeln zu bauen, in denen locker ein Kleinwagen parken könnte, oder Lastwagen so groß wie ein Einfamilienhaus.

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Im Drei-Minuten-Takt schaufelt die U 2 am Montagmorgen die Besucher hinaus nach Riem, geschätzte 90 Prozent Männer in allen möglichen Kostümierungen und allen Graden der Fachkunde: die Anzugträger, die ihre Aktentrolleys hinter sich herziehen wie quaderförmige Dackel. Die Maschinenbau-Ingenieure, die in die Leitungsfunktion nie hinein- und aus dem Karohemd nie herausgekommen sind. Und dann noch Gruppen von Kumpels, für die der Bauma-Ausflug offenbar so etwas ähnliches wie ein Wiesn-Besuch ist, nur mit Kränen statt Fahrgeschäften: Einige von ihnen tragen tatsächlich Lederhosen, und einige riechen auch kurz vor Mittag schon so, als sei ohne ein paar Halbe Bier eine vernünftige Beurteilung der Lage in der deutschen Maschinenbau-Branche überhaupt nicht möglich.

Aber was heißt hier deutsch: Aus 57 Ländern kommen die 3400 Aussteller, das Gastgeberland an der Spitze, dahinter Italien und China, aber sogar Zypern hat ein Unternehmen geschickt, obwohl die dort ja gerade wirklich andere Probleme haben. Die Firma Daemo aus Korea - Süd, anzunehmen - hat einen richtigen Roboter aufgebaut, so mit Gesicht und Armen, der zischt und quietscht und sonst eigentlich nichts macht. Die Leute bleiben trotzdem stehen, wahrscheinlich finden sie, dass so Roboter ausschauen sollten, nicht so nüchtern, kalt und ohne eigene Persönlichkeit wie diese Autozusammenbauautomaten, die man immer im Fernsehen sieht.

Es ist ein offenkundig fachkundiges Publikum, wenn auch nicht nur Fachpublikum, das da über das Gelände wandelt und sich vielleicht zwischendurch eine Leberkässemmel für vier Euro gönnt. "Mit am Frontlader bisch halt wahnsinnig flexibel", klärt einer seinen Begleiter auf, da könne man nämlich bei Bedarf auch einen Mischbagger dranmontieren, was immer das ist. Überhaupt läuft der Laie durch die Hallen und sieht sich konfrontiert mit Metallgegenständen, deren Funktion sich auf der ersten Blick nicht unbedingt erschließt. Oder die ihn staunen machen: Es gibt zum Beispiel Baggerschaufeln - Baggerschaufeln, man kommt nicht dran vorbei -, die das aufgebaggerte Gut gleich noch zermalmen, statt massiver Felsbrocken fällt dünner Staub hinten raus.

Wird schon alles irgendwie seinen Sinn haben, auch die in großer Zahl angebotenen Reifenwaschstraßen für Baustellen-Lkw, deren Anschaffung jeder befürworten wird, der mal an einer Baustellenausfahrt vorbeigegangen ist. Warum die größte und offenbar innovativste von ihnen allerdings Moby Dick heißt, erschließt sich wieder nicht so schnell - wahrscheinlich, weil Wale durch ihr Atemloch ja auch Wasser ausstoßen, so wie die Waschanlage durch ihre Düsen . . .

In der Halle B 0 heißt das Motto "Think Big", und nun wird auch klar, warum recht viele Schüler über das Gelände streunen. Dort gibt es nämlich Informationen über Berufe im Bauwesen und wie man was werden kann. Um die Fähigkeiten der jungen Leute zu testen, sind verschiedene Stationen aufgebaut, wobei jene, wo sie in einem Simulator einen Kran bewegen oder baggern dürfen, deutlich mehr Zulauf haben als jene, wo von Hand Bauklötze zu stapeln sind. Ein Hersteller hat an seinem Stand eine Halle weiter ebenfalls ein Computerspiel aufgebaut: Mit einem Frontlader - ohne Mischbagger dran - muss ein Parcours befahren werden. Und, ja, Luca und Martin, achte Klasse vielleicht, sind deutlich schneller als ihre erwachsenen Konkurrenten. "Der Luca zockt ja auch immer die ganze Nacht", antwortet Martin auf die Frage der Moderatorin, woher sie das denn so gut könnten.

Für manche Männer ist der Ausflug auf die Bauma wie ein Wiesn-Besuch, nur mit Kränen statt Fahrgeschäften. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In der "Fahrerbar" gibt es alle Getränke für einen Euro, auch Bier, da ist zu hoffen, dass die Bar nur so heißt und die Gäste sich hinterher nicht wirklich noch ans Steuer eines größeren oder kleineren Fahrzeugs setzen. Vor der Bar stehen Asiaten und fotografieren wie immer alles, auch die Bar - womöglich hat das Unwesen der Produktspionage mittlerweile auch das Design von Messe-Lokalitäten erfasst. Gleich nebendran findet sich der "Caterpillar-Shop", der nicht nur das übliche Sortiment an Firmen-Merchandising führt - T-Shirts, Kugelschreiber, Mützen -, sondern auch ein Baby-Essgeschirr inklusive zugehörigem Lätzchen. "Here comes the Shovel", steht darauf, wahrscheinlich, um die Markenbindung beim Baggerführerkind schon möglichst früh beginnen zu lassen.

Es bleibt aber nicht viel Zeit zum Müßiggang. Gleich um die Ecke wartet gewiss schon die nächste Produkt-Präsentation: Ein Presslufthammer, der dazugehörige fachkundige Maschinenführer heißt aber nicht Bernhard, sondern Manni. Ein Eck weiter wird ein gewisser Paul sogleich die Fähigkeiten eines Gesteinschneiders demonstrieren, auf die Frage des Moderators, für wen dieses Gerät denn gebaut werde, antwortet Paul stolz: "Ganz klar - für den Profi." Und bei engcon hat gerade auch eine neue Show begonnen: Das Handgelenk jetzt mal bitte steif machen, sagt der Moderator, und dann eines versuchen: In die Hosentasche zu greifen, "aber möglichst in die eigene".

© SZ vom 16.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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