Weihnachtsaktion:Wünsch dir was

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Mehr als 400 Geschenke kann der von Studenten gegründete Verein Christkindl mit Hilfe von Spendern und Ehrenamtlichen verteilen. Damit gehen Träume von Kindern aus Familien in Erfüllung, die knapp bei Kasse sind

Von Melanie Staudinger

Einen Fußball, eine Barbie, eine Superhelden-Barbie, eine Spielzeugmaus und eine Katze, keine echte natürlich, sondern eine aus Plüsch: Die Erstklässler der Grundschule am Ravensburger Ring wissen genau, was sie sich zu Weihnachten wünschen. Spielzeug ist beliebt, Sportgeräte und auch Bücher. Ein Mädchen aber hat einen besonderen Wunsch. "Einen Kuchen", sagt es und lacht über das ganze Gesicht. Schulleiterin Claudia Hirschnagel kennt das. Andere Kinder hätten sich eine Jacke gewünscht, eine neue Hose oder einen Pullover, berichtet sie. Denn in einigen Familien fehle das Geld für die alltäglichen Dinge. Am Montag wurden ihre Wünsche erfüllt.

Auch im reichen München herrscht Armut, das hat der Armutsbericht kürzlich wieder drastisch vor Augen geführt. In den großen Wohnblocks am Westkreuz haben die Eltern manchmal mehrere Jobs. Die Kinder müssen in der Früh alleine aufstehen und zur Schule gehen, weil ihre Väter und Mütter da längst auf Arbeit sind. Und doch reicht ihr Einkommen nur für eine kleine Zwei- oder Dreizimmerwohnung, in der bis zu sieben Leute leben. Ein eigenes Zimmer für das Kind gibt es oftmals nicht. Manche Jungen und Mädchen haben nicht mal einen Schreibtisch und müssen ihre Hausaufgaben auf der Couch erledigen.

Rund 130 Weihnachtsgeschenke an Kinder der Grundschule am Ravensburger Ring hat der Verein Christkindl jetzt verteilen können. (Foto: Robert Haas)

Umso wichtiger ist die Schule für sie. Hier sollen sie ein Umfeld vorfinden, in dem sie sich wohlfühlen, in dem sie ungestört lernen können und ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden. Um das zu erreichen, hat Rektorin Hirschnagel Kooperationspartner angeworben, die der Schule aushelfen, in der sich die Schülerzahl in nur einem Jahrzehnt auf 420 verdoppelt hat und zugleich der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund von 30 auf 78 Prozent gestiegen ist. Einer dieser Partner ist der Verein Brotzeit, den die Schauspielerin Uschi Glas gegründet hat, damit kein Münchner Grundschüler mehr hungrig im Unterricht sitzen muss. Jeden Tag bereiten zwei Frauen ein gesundes Frühstücksbuffet, zwischen 60 und 80 Kinder kommen dafür eher in die Schule.

Über Brotzeit entstand auch der Kontakt zum Christkindl e.V., den Studenten 2014 gegründet haben. "Es gibt viele Kinder, denen es nicht so gut geht wie uns, weil ihre Eltern nicht genug Geld haben", sagt der Vorsitzende Benedikt Groh. So entstand die Idee, Kinder an Weihnachten zu beschenken, ihnen zumindest einen Wunsch zu erfüllen. Die Mädchen und Jungen schreiben oder malen ein Spielzeug, ein Buch oder eben einen Kuchen auf einen Wunschzettel. Diesen stellen die Ehrenamtlichen von Christkindl e.V. auf ihre Internetseite. Potenzielle Spender können sich dort die Wünsche, die sie erfüllen wollen, aussuchen, wie in einem Online-Shopping-Portal in einen Einkaufswagen legen und anschließend die 15 Euro pro Wunsch online bezahlen. Ein virtueller Weihnachtsbaum quasi.

Vorsitzender Benedikt Groh (rechts) und ehrenamtliche Helfer haben alles zuvor besorgt und eingepackt. (Foto: Johannes Simon)

In der realen Welt gehen die knapp 40 Ehrenamtlichen dann einkaufen: Jedes Geschenk besorgen sie selbst, klappern Läden ab, suchen im Internet. "Dieses Jahr wollte ein Kind eine Michael-Jackson-Schnallenhose", berichtet Groh. Die Suche danach habe extrem lange gedauert: "Schließlich hat jedes Kind konkrete Vorstellungen von seinem Geschenk." Ende letzter Woche hätten die Helfer dann tatsächlich eine Hose des King of Pop erstehen können - in einem Kostümladen. Am Wochenende trafen sich die Helfer in Neuhausen in ihrer Christkindlwerkstatt und verpackten die Geschenke.

Längst hat der Verein einen Lagerraum angemietet. Aus den anfangs 100 Geschenken sind mittlerweile über 400 Präsente geworden. "Die passen in keine Wohnung mehr", sagt Groh. Neben Brotzeit arbeiten die ehrenamtlichen Schenker mit Frauenhäusern und anderen gemeinnützigen Institutionen zusammen. Doch nicht nur der Kreis der Beschenkten wächst. Auch wollten immer mehr Münchner spenden, wie Groh berichtet. Als nur noch 19 Wünsche übrig gewesen seien, hätte eine Arztpraxis 100 Geschenke übernehmen wollen. "Da mussten wir sogar absagen", sagt Groh.

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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