Weihnachts-Macher:Hochbetrieb zur staden Zeit

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

In Carolin Bunzels Gärtnerei werden im Akkord Kränze gebunden. Das heißt dann für die Chefin in der Regel um 3.30 Uhr aufstehen. Und der Tag wird lang

Serie Von Jürgen Wolfram

Warum nur schwingt meistens ein ironischer Unterton mit, wenn die Leute von der staden Zeit reden? Carolin Bunzel () kann es erklären: Weil die Wochen vor Weihnachten an Stressbelastung kaum zu überbieten sind. Für die Chefin einer Gärtnerei sind die Tage schon seit dem frühen November eng getaktet: 3.30 Uhr aufstehen, mit dem Laster zur Großmarkthalle, Verkaufsschlacht bis 11 Uhr, Heimfahrt, Bestellungen bearbeiten, Topfen, Gießen, Düngen bis gegen 22 Uhr. Lange, sehr lange Arbeitstage sind das für die zierliche 36-Jährige.

Im Kalender dick angestrichen sind in diesem Gewerbe viele Termine: Valentinstag, Muttertag, "eigentlich alle Feiertage". Aber nie geht es derart rund wie in der Vorweihnachtszeit. In der Gärtnerei Bunzel, die ihre Wurzeln in Moosach hat und draußen vor der Stadt über Gewächshäuser mit 8000 Quadratmetern Grundfläche sowie 25 Hektar Freiflächen verfügt, wird dann vor allem Platz geschaffen für das große Adventskränze-Binden. An langen Tischen produziert der Familienbetrieb 200 bis 280 Stück der begrünten Strohreifen pro Tag. Die Durchmesser bewegen sich zwischen 20 und 180 Zentimeter, vom Außenrand gemessen.

Um solche Mengen Adventsschmuck zu erzeugen, reicht die Stammbelegschaft bei weitem nicht aus. Alljährlich wird deshalb das Münchner Unternehmen von einem halben Dutzend polnischer Saisonkräfte verstärkt.

Kerzen, Kugeln, Kränze - auf den ersten Blick könnte man meinen, der Advent zeigt stets das gleiche Gesicht. Tatsächlich kennt auch diese Geschäftsperiode Moden. So seien in diesem Jahr Glitzerkerzen wieder mal stark gefragt, außerdem Girlanden, berichtet Carolin Bunzel. Farblich dominierten Erdtöne, Rot und Weiß die Deko, "bekannte Klassiker". Was die Expertin mit der schönen Berufsbezeichnung "Zierpflanzengärtnermeisterin" sehr zu schätzen weiß, ist der Trend zum Zweitkranz, wie er sich heuer früh abgezeichnet hat. Schnittblumen sind zum Jahresende eher nicht der Renner. "Was bis Silvester noch geht, sind Chrysanthemen." Ein unumstößliches Gebot ihres Faches sei es, "immer zu schauen, dass man auch etwas Neues im Sortiment hat".

Carolin Bunzel hat bei ihrer Meisterprüfung eine überzeugende Arbeit zum Thema "Tulpenproduktionstreiberei auf Wasser" vorgelegt. Aber wie das Berufsleben so spielt, stehen im Alltag fast immer andere Dinge im Vordergrund. Die vergangenen Wochen drehten sich voll und ganz ums Weihnachtsgeschäft, denn das ist so ziemlich das wichtigste im Jahreslauf der Gärtnerzunft. Etwa ein Viertel des Jahresumsatzes wird in den Wochen vor Heiligabend generiert. Gute Einnahmen vor dem Winter sind wichtig, weil bald die Rechnung fürs Heizöl ins Haus flattert. Um ihre Gewächshäuser auf pflanzenverträglicher Temperatur zu halten, braucht die Gärtnerei Bunzel davon bis zu 50 000 Liter jährlich, je nach Strenge des Winters. Im Sommer steigt dann wegen des Betriebs einer Kühlhalle der Stromverbrauch.

Einmal im Jahr, wenn der Vorweihnachtstrubel bewältigt ist, gönnt Carolin Bunzel sich einen zweiwöchigen Urlaub. Dann geht's "ab in die Sonne". Diesmal will sie auf einer Nil-Kreuzfahrt in Ägypten abschalten. Am 14. Februar 2018 ist dann schon wieder Valentinstag. Und damit der nächste Wettlauf zwischen Gärtnern und der Schokoladenindustrie um die Gunst der Kunden eröffnet.

Bis Heiligabend stellt die Stadtviertel-Redaktion täglich Menschen vor, die Weihnachtsstimmung verbreiten. Am Dienstag lesen Sie: Fischzüchterin Simone Wiesinger.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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