Weihnachts-Macher:Anis, Zimt und Tonkabohnen

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(Foto: Stephan Rumpf)

Georg Fürmeier verkauft mehr als 400 Gewürze, Kräuter und Öle. Früher konnte sich nur die Oberschicht exotische Spezialitäten leisten

Von Stefan Mühleisen

Früher wurden die meisten Menschen zu Weihnachten gar grausam an der Nase herumgeführt. Der Duft von Zimt, Nelken, Anis wehte durch die Gassen, das Aroma von Kreuzkümmel und Kardamom konnte erschnuppert - aber nicht gekostet werden. Nur die Oberschicht war in der Lage, sich exotische Spezereien zu leisten; für das Gros der Bevölkerung blieb es ein Fest nur für die Seh- und Riechsinne. Heute sind die Preise für die Zutaten weihnachtlicher Köstlichkeiten erschwinglich, wobei jene mit anspruchsvollem Gaumen das differenzierte Angebot schätzen. Sie finden es am "Gewürzwerk"-Stand von Georg Fürmeier am Viktualienmarkt. "Wir sind spezialisiert auf Weihnachtsgebäck", sagt der 55-Jährige.

Zu ihm kommen im Advent jede Menge Hobby-Konditoren, die kein Allerweltsgebäck zubereiten wollen, mit Zutaten, die womöglich seit Monaten im Supermarktregal lagern und nur noch ein verkümmertes Aroma aufbieten. Solche Kunden wissen, dass es bei feinem Backwerk auf die Feinheiten ankommt. Auf die Nüsse zum Beispiel: Bergeweise türmen sich Mandeln, Haselnüsse, Pistazien, Pekannüsse am "Gewürzwerk"-Stand, blanchiert, gehackt, gehobelt, gestiftet. Kenner lassen sich die Hülsenfrüchte von Fürmeier frisch mahlen; eine separate Mühle steht für Mohnsamen bereit, der als öliger Batz Kekse und Kuchen saftig macht. "Das geht säckweise weg", berichtet Fürmeier und meint damit auch die fünferlei Rosinensorten. Die Kunden lassen sich überdies gern frisch glänzendes Zitronat für Lebkuchen oder Kletzen-Brot einpacken, Marzipan nehmen sie in der Größe von Ziegelsteinen mit.

Das Wissen über die gut 400 Gewürze, Kräuter, Früchte, Samen, Rinden, Knospen, Öle in seinem Sortiment hat sich Georg Fürmeier selbst angeeignet. "Ich bin Autodidakt", sagt er freimütig. Vor 15 Jahren hatte er eine Profi-Karriere als Ski-Sportler hinter sich, war Deutscher Meister im Freestyle-Ski. Als der damalige Inhaber des Standls aufhörte, ergriff der gelernte Feinmechaniker die Gelegenheit und wurde zum Gewürzhändler und Weihnachtsgebäckprofi, der genau weiß, wie man das "Marzipanmäßige" beim Dresdner Stollen hinbekommt: mit Tonkabohnen. Er selbst backt übrigens kaum. "Ich würde gerne, habe in der Weihnachtszeit aber leider derart viel zu tun, dass ich nicht dazu komme."

Bis Heiligabend stellt die Stadtviertel-Redaktion täglich Menschen vor, die Weihnachtsstimmung verbreiten. Am Freitag lesen Sie: Pfarrer Andreas Spöttl.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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