Vorschlag-Hammer:Folgen und Taten folgen lassen

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Teenie-Star Tate McRae kommt trotz zig schreiender Fans vorerst nicht nach München. Nicht schlimm. Junge, kreative Künstler gibt es in hier genug zu sehen und zu hören

Kolumne von Antje Weber

Man soll im Leben ja öfter mal etwas Ungewohntes tun, soll sich öffnen für das Überraschende. In diesem Sinne: Ich habe vor kurzem ein Teenie-Konzert besucht. In einem Berliner Privatclub habe ich jubelnden 14- bis 17-jährigen Mädchen gelauscht, die beim einzigen Deutschland-Konzert von Tate McRae inbrünstig Songs wie "All my friends are fake" mitsangen. Die 16-jährige kanadische Sängerin wird zwar noch nicht im Ausmaß einer Billie Eilish verehrt, ihr folgen aber immerhin schon mehr als zwei Millionen Fans auf Youtube.

Das Teenie-Startum ist ja ein interessantes Phänomen, in stetem Wandel wie unsere ganze Gesellschaft. Vielleicht sollte man eher von Teenie-Influencern sprechen, denn Tate McRae, die seit Jahren komponierend, tanzend und bloggend zwischen Calgary und Los Angeles an ihren Ruhm hinarbeitet, mit Energie und Enthusiasmus (als ihre Großtante bilde ich mir ein, das beurteilen zu können), hat auf ihrer Webseite natürlich längst einen Merchandise-Store integriert, in dem sie Pullis und Mützen verkauft. Seit einiger Zeit ist sie bei einer Musikfirma unter Vertrag, die Videos werden professioneller, und man schickt sie, wenn sie nicht zur Schule muss, auf erste Tourneen durch die USA und Europa, um ihr Starpotenzial auszutesten.

Die Städte - Amsterdam, Berlin, New York - werden danach ausgewählt, wie viele Follower dort leben, was heutzutage nicht gerade schwer herauszufinden ist. Wenn die Klickzahlen stimmen, kommt Tate McRae also vielleicht auch bald nach München; bis dahin werden sich Teenager mit Bands wie Girl Ray aus London (Milla, 6. März, 20 Uhr) bei Laune halten müssen. Schön wäre es, auch die sympathische Sängerin Marie Bothmer, als Support in Berlin engagiert, bald wieder in ihrer Heimatstadt München zu hören. Sie hat noch nicht so viele Youtube-Follower, aber kann ja noch kommen.

Hohe Klickzahlen sind außerdem, man muss es sich immer mal wieder laut vorsagen, nicht allein ausschlaggebend für ein geglücktes Leben. Das mitreißende Video zum Lied "It's Friday" zum Beispiel, vor einigen Monaten von der 14 Jahren alten Lucia Tepelmann geschrieben und mit dem Wolfratshauser Projektchor One Decision auf dem Königsplatz vorgetragen, wurde auch noch nicht millionenfach geklickt. Doch es beweist die enorme Kreativität und den Enthusiasmus Jugendlicher, die sich hier und heute für ein Umdenken in der Klimapolitik einsetzen.

Können übrigens nicht auch Bücher die Welt verändern? Klar, diese Hoffnung stirbt erst nach dem Wald, und auch in der "Generation tl;dr" (too long; didn't read) soll es ja noch Leserinnen, gar Leser geben. Sie wären zum Beispiel beim letzten Abend des Festivals Wortspiele für junge Literatur (Ampere, 6. März, 20 Uhr) richtig. Und sei es nur, um mal was überraschend Anderes als sonst zu tun.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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