Viertel-Stunde:Spaziergang auf der Tunneldecke

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Blickfang am Tunnel: das Altenheim St. Josef. (Foto: Catherina Hess)

Vor ein paar Jahren noch hätte man davon nicht zu träumen gewagt: Mitten auf der Garmischer Straße dahinschlendern, an Blumen riechen und Grillen lauschen

Kolumne Von Berthold Neff

Vor ein paar Jahren noch hätte man davon nicht zu träumen gewagt: Mitten auf der Garmischer Straße dahinschlendern und von oben herab auf die Autos blicken. Jetzt aber, drei Jahre nach Eröffnung des Südwest-Tunnels, ist das gut begehbare Realität. Schon im Frühjahr verwandelte der Klatschmohn die Hochpromenade zwischen den verbliebenen Fahrspuren der Garmischer Straße in ein rotes Farbenmeer. Wer sich heute auf einer der Bänke zwischen den Felsenbirnen oder Zierkirschen ausruht, bräuchte ein gutes Bestimmbuch, um all die Wildgräser, Kräuter und Blumen zu identifizieren, an denen sich die Hummeln gütlich tun.

Ein Spaziergang entlang der 1,5 Kilometer langen Tunneltrasse könnte im neuen Heckenstallerpark beginnen, der neuen, grünen Spieloase über der Tunneldecke. Dort tauchen die täglich mehr als 100 000 Autos in den Untergrund von Sendling-Westpark. Danach kommen sie kurz ans Tageslicht, weil der Tunnel entlang der Konrad-Celtis-Straße keinen Deckel hat, sondern im Trog verläuft. Entlang dieser Strecke baut die Terrafinanz derzeit ihre "Luisengrün" genannte Wohnanlage, wo der Quadratmeter ungefähr 10 000 Euro kostet. Wegen dieser Baustelle kann man an den Schallschutzwänden nicht entlanggehen, an denen sich die Clematis montana Rubens bereits hochwindet.

Es empfiehlt sich daher, den Spaziergang erst am Luise-Kiesselbach-Platz zu starten, dessen grünes Inneres zwar noch umzäunt ist, wo aber der Maibaum schon steht und viele Bänke zum Sitzen einladen - zum Beispiel am Gänseliesel-Brunnen, aus dessen oberer Schale das Wasser ins untere Becken fließt. Das imposante Altenheim St. Josef weist den weiteren Weg, auf die Hochpromenade durch die Garmischer Straße, über der Tunneldecke. Im Frühling, wenn die Kirschen blühen, weht hier ein Hauch von Japan. Jetzt kann man hier, wenn gerade kein Auto vorbeifährt, die Grillen zirpen hören.

Einkehrmöglichkeiten sind auf dieser Route noch Mangelware. Aber an der Ecke Ehrwalder Straße wartet das Café "Die Backprinzen" auf Kundschaft, sonn- und feiertags von 7 bis 14 Uhr.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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