Viertel-Stunde:Platz ohne Bäume

Lesezeit: 1 min

Gerd Eickelberg kämpfte gegen die Tiefgarage. (Foto: Robert Haas)

Gert Eickelberg trauert um jeden gefällten Baum am Josephsplatz

Von Stefan Mühleisen

Die Bäume sind nicht vergessen. Die Erinnerung an die Fällaktion lebt weiter, sie baumelt bei einigen Anwohnern des Josephsplatzes an einem Strick um den Hals. Gerd Eickelberg wohnt zwar nicht direkt an Münchens zeitweise umstrittenster Baustelle. Doch der 65-Jährige war und ist der aktivste Interessenvertreter der Tiefgaragengegner, die nicht verstummen wollen. An diesem Tag trägt er an einem Strick um den Hals ein Stück Holz, darauf ein kleiner gelber Aufkleber mit der Aufschrift "Josephsplatz, gefällt am 18.02.2013". "Das ist ein Stück vom Fällkeil, der beim ersten Baum benutzt wurde", erklärt er mit Blick auf die nun kahle Betonfläche, dem Deckel der Tiefgarage unter dem Josephsplatz.

Der Groll mancher Anwohner über das 9,5-Millionen-Euro-Projekt ist nicht verraucht. Sie nehmen es der Stadt immer noch übel, dass der Platz gegen ihren Willen erst kahlrasiert und nun gegen ihre Vorstellungen gestaltet wird. Eickelberg: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das hier ein lebenswerter Platz wird. Eickelberg ist in Zwickau aufgewachsen, hat Betriebsschlosser in einem Steinkohlebergwerk gelernt. Seit 2005 wohnt er in der Georgenstraße. Zum Aktivisten wurde er, als bekannt wurde, dass die Stadt die Josephsplatz-Tiefgarage in offener Bauweise errichten will. Dann, im Februar 2013, der Ausnahmezustand: Protestaktionen, Robin-Wood-Aktivisten besetzen die Bäume, Eickelberg postiert sich im Rathaus-Vorzimmer des Oberbürgermeisters. Seit Dezember ist er einer der zwei Vorsitzenden der Wählergruppe Hut.

Er blickt jetzt durch ein Plexiglasfenster, das an der Südseite in den umlaufenden Lattenzaun eingelassen ist. Wie ein riesiger grauer Plattenteller schaut die Fläche derzeit aus. Dann schimpft er über das Gestaltungskonzept. Darüber ist viel gestritten worden, die Initiative Freunde des Josephsplatzes, denen Eickelberg nahesteht, kritisiert - unter anderem - die Bepflanzung mit einer bis zu sechs Meter breiten Rotbuchenhecke. Der Platz, das prophezeit Eickelberg, werde wie ein Kunstwerk, das man nur von außen anschauen könne. "Es wird sicher keine Begegnungsstätte."

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: