Viertel-Stunde:Gedeihliches Miteinander

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Geldbeutel, Herkunft und sozialer Status spielen im Wohnquartier "Am Ackermannbogen" vielerorts keine Rolle - wie demnächst eine Führung zeigen soll

Von Ellen Draxel

Der Stadtacker am Ackermannbogen ist Heidrun Eberles Lieblingsplatz. "Weil es schön ist, mitzukriegen, was dort sprießt und gedeiht." An Obst, Gemüse und Kräutern. Aber auch im übertragenen Sinne an zwischenmenschlichen Beziehungen. "Ganz sperrige Menschen werden da plötzlich ganz handzahm." Der Geldbeutel, die Herkunft, der soziale Status - im urbanen Gemeinschaftsgarten ist all das auf einmal nicht mehr wichtig. Eberle weiß, wovon sie spricht. Sie hat das soziale Leben im Quartier mit aufgebaut, seit der Entstehung des Neubaugebiets vor knapp 15 Jahren leitet sie die Nachbarschaftsbörse mit inzwischen drei Bewohnertreffs. Und der Stadtacker ist Treffpunkt Nummer vier, ein "Freiluftgemeinschaftsraum".

Die Siedlung "Am Ackermannbogen" auf dem Gelände der ehemaligen Waldmann-Stetten-Kaserne ist ein städtebauliches Vorzeigequartier. Das liegt zum einen an der gelungenen Mischung zwischen Wohnbauten und großzügigen Freiflächen sowie einer inneren Verkehrserschließung. Vor allem aber liegt es an den Akteuren im Viertel, die Mitmach-Angebote organisieren, sich um soziale Belange kümmern und kulturelle Events initiieren, wie das alljährliche Kulturwochenende, das heuer vom 28. bis 30. Juni stattfindet - erstmals an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum.

Rund 7000 Menschen leben in der Siedlung südlich des Olympiaparks, die eine Hälfte in frei finanzierten Wohnungen, die andere in geförderten Wohnungsbauten, gemäß der Münchner Mischung. "Bunt gemixt und direkt nebeneinander", sagt Eberle. Bei Führungen durch das Quartier reagierten Besucher oft erstaunt angesichts dieses bewusst integrativen Wohnkonzepts. "Das ist selbst für München ungewöhnlich, aber es funktioniert gut." Am Montag, 29. April, 18 Uhr, findet wieder eine einstündige Führung durch den Ackermannbogen statt. Start ist beim Café Rigoletto am Rosa-Aschenbrenner-Bogen 9. Geplant ist ein Rundgang durch die vier Bauabschnitte, vorbei am Grünzug "Große Wiese" und einem der drei Häuser der Wohnbaugenossenschaft Wagnis. Vorbei am Rodelhügel, der auf einem von Sonnenkollektoren erwärmten Wasserspeicher thront. Vorbei am Stadtacker. Vorbei an Dachgärten - sinnvolle Nutzung immer knapper werdender Flächen. Auch das Dach des Supermarktes in der Quartiersmitte, das einen Spielplatz bietet, darf betreten werden. Gezeigt wird außerdem der 2017 fertiggestellte Stadtplatz, das Herz des Quartiers. "Der Platz hat eine wunderbare Aufenthaltsqualität", sagt Nachbarschaftskoordinatorin Eberle. Es gibt einen Brunnen, einen Platz der Stille, Boule, Schach, Tischtennisplatten, einen Bücherschrank. "Da muss man am Wochenende nicht in die Berge fahren, um sich zu entspannen."

Die Führung, geleitet von Eberles Kollegin Marcia Zieglmeier, ist der erste von insgesamt vier kostenlosen Stadtteilspaziergängen durch Münchner Neubaugebiete, die das Bauzentrum in diesem Jahr anbietet. Die nächsten Spaziergänge am 28. Mai, 24. Juni und 29. Juli führen durch den Domagkpark, den Prinz-Eugen-Park und die Messestadt Riem Ost.

© SZ vom 27.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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