Viertel-Stunde:Ein See mitten in Schwabing

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Wo einst ein Güterbahnhof war, erstreckt sich heute eine Wasserfläche - inmitten großstädtischer Umgebung

Kolumne Von Alfred Dürr

Da war er plötzlich, der kleine blaue Fleck auf der Stadtkarte zwischen Ungerer- und Leopoldstraße, der das Interesse von Richard Westermaier weckte. Er entdeckte die L-förmige Fläche neben dem Ungererbad eher zufällig, als er nach einer Adresse in der Umgebung suchte. Ein See inmitten einer weitläufigen Wohnanlage, dem sogenannten Berliner Viertel, aus den 1980er Jahren? Einst befand sich zwischen Traubestraße, Schinkelstraße und dem westlichen Abschnitt der Berliner Straße der Schwabinger Güterbahnhof. "Ich bin gebürtiger Münchner, aber vom Schwabinger See hatte ich noch nie etwas gehört", erzählt Westermaier, der in der Maxvorstadt wohnt. So unternahm er mit seiner Mutter einen Ausflug: "Wir haben gemütlich das Gewässer umrundet und freuten uns über das angenehme Quartier."

Richard Westermaier war viele Jahre beim Bayerischen Fernsehen beschäftigt, heute arbeitet er als freier Videoproduzent und Autor. Spaziergänge um den See haben ihn zu einem fünfminütigen Film inspiriert ( www.schwabingerseefilm.de), den er ohne Auftrag gedreht hat - eine kleine Hommage an ein Stück Natur in der Großstadt: "Der Film kostet nichts, und man muss auch keine Werbung über sich ergehen lassen." Aber man kann sich gut einstimmen auf das fast drei Hektar umfassende Gewässer und seine Umgebung. Zum Beispiel wurde Efeu vor den Häusern angepflanzt, damit es auch im Winter grün im Viertel ist.

Der Landschaftsarchitekt Gottfried Hansjakob führt um den Schwabinger See und berichtet über dessen Entstehungsgeschichte. Das Wasser kommt vom Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal, der weiter Richtung Schwabinger Bach im Englischen Garten fließt. Eschen, Linden, Ahorn sind die Parkpflanzen im Quartier, rund um das Wasser wachsen Weiden. Im See gibt es zwei unzugängliche Inseln. Sie sind vor allem sichere Schutzzonen für Wasservögel. Gleich hinter dem See und den Wohnhäusern ragen die mehr als 100 Meter hohen Bürotürme der Highlight Towers empor. Aber das moderne München erscheint am Schwabinger See ziemlich weit entfernt.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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