Viertel-Stunde:Die Stimme Freimanns

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Bärbel Häfele hat sich 27 Jahre lang beherzt für ihr Wohnquartier eingesetzt, nun gibt sie die Aufgabe in jüngere Hände

Von Stefan Mühleisen

Bärbel Häfele kann sich immer noch wunderbar lautstark aufregen, ein Markenzeichen dieser resoluten Frau. "Drohbriefe habe ich bekommen, voll mit grotesken Behauptungen", bricht es aus ihr heraus, wenn die Sprache auf ihren größten politischen Erfolg kommt: Die 74-Jährige erzählt an ihrem Wohnzimmertisch vom Widerstand der Bürgerschaft gegen eine kleine Wohnsiedlung für die Freimanner Sinti an der Hilsbacher Straße Ende der Neunzigerjahre. Seit der Nachkriegszeit waren jene, die man damals als "Zigeuner" verunglimpfte, kreuz und quer durch die Stadt geschoben worden, keiner wollte sie als Nachbarn - Häfele schon.

So erhob sie ihre Stimme, wie sie es in 27 Jahren oft für soziale Projekte getan hat. So lange vertrat sie als SPD-Mitglied im Bezirksausschuss Schwabing-Freimann mit Elan die Interessen Freimanns, ihres Wohnorts. Jetzt hat sie ihr Mandat aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. "Mir tut es weh und ich bin traurig. Doch nun ist die Jugend dran", sagt sie.

Das Gremium verabschiedet eine äußerst engagierte Lokalpolitikerin, die im beherzten Fortissimo für die Anliegen der Freimanner eintrat. Derer gab es viele: Mülldeponien, Kläranlage, ausufernde Gewerbegebiete - alles, was die übrige Stadt nicht wollte, wurde in Freimann abgeladen. "Mir geht's gut, ich muss etwas für andere tun", beschreibt sie ihre Haltung, die sie mit Chuzpe bei allerlei Gelegenheiten vertrat. Unerträglich fand sie es etwa, dass die Sinti-Familien in maroden Holzbaracken an der Werner-Heisenberg-Allee leben mussten, setzte sich als SPD-Fraktionsvorsitzende dafür ein, ihnen angemessene Sozialwohnungen bei ihr ums Eck auf einer städtischen Fläche zu ermöglichen.

Und so kam es - ein außergewöhnliches Projekt, das der gebürtigen Bielefelderin 2003 den Münchner Förderpreis "Lichtblicke" einbrachte sowie den anhaltenden Respekt der BA-Kollegen, auch politischer Gegner. "Sie hätte oft schweigen können. Tat sie aber nicht", sagt der CSU-Fraktionschef im BA, Patric Wolf, anerkennend zu Häfeles sozialem Einsatz, etwa für ein Drogentherapiezentrum. Und nun? Häfele will mehr Zeit mit Mann und Enkeln verbringen. Still wird die Polit-Rente allerdings nicht ablaufen. "Ich werde mich weiterhin für Freimanner Themen engagieren", kündigt sie an. Womöglich tut sie das mit ihrem allseits geschätzten Aplomb auch im Bezirksausschuss - immerhin hat sie das Gremium zum Ehrenmitglied ernannt.

© SZ vom 09.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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