Viertel-Stunde:Das Wäldchen an der Wand

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Wolfgang Heidenreich liebt das vertikale Grün. (Foto: Tobias Hase/oh)

Wolfgang Heidenreich bleibt seinem Lebensthema - der Begrünung von Hausfassaden - trotz Kritik weiter treu

Von Stefan Mühleisen

So ein Efeu mag ja schön aussehen, aber der frisst sich doch rein ins Mauerwerk, zerbröselt die Fassade. Und überhaupt: Der Urwald an der Außenwand schwemmt ja wohl jede Menge Ameisen und Spinnen ins Haus. "Das sind so die Vorurteile", sagt Wolfgang Heidenreich zu diesen Bedenken, die er schon oft gehört hat. Der Landschaftsarchitekt leitet das "Begrünungsbüro" der Umweltorganisation Green City. Nach gut 250 Beratungsgesprächen und einem vernichtenden Urteil der Stadtverwaltung kann er immer noch engagiert für sein Lebensthema werben: das Bepflanzen von Dächern, Fassaden und Hinterhöfen. "Es ist mein Traumjob", sagt er.

Damit hat sich Heidenreich schon in seiner Diplomarbeit beschäftigt. Ihn fasziniert die Idee, Häuserwände zu senkrechten Gärten zu machen. In den Achtzigerjahren war das noch etwas für Exoten. Heute gelten vertikale Wäldchen als Strategie zur Verbesserung des Stadtklimas. Die Stadt München sieht das auch so - wertet die Bilanz des Begrünungsbüros mit nur 18 konkreten Projekten in vier Jahren aber als ungenügend. Die Folge: Der Stadtrat schmolz den Zuschuss von 100 000 Euro jährlich um die Hälfte ab und zahlt ihn nur noch 2018 aus.

Heidenreich räumt die magere Bilanz ein, gibt aber zu bedenken, dass der Erfolg der Beratungen kaum messbar sei. Hauseigentümer gäben kaum Rückmeldung, ob sie nun tatsächlich ihr Haus begrünen. Und dies, nachdem er und seine Kollegen teils bei Hausbesuchen die Furcht vor Insektenbefall oder Fassadenschäden entkräftet haben. "Studien belegen, dass nicht mehr oder weniger Tiere ins Haus kommen; und Schäden entstehen nur, wenn Risse in der Wand sind, in die Triebe hineinwachsen können."

Heidenreich findet: Man hätte auch auf die Idee kommen können, die Fördergelder aufzustocken. Schon deshalb, weil eine ganze Reihe von Eigentümern vom Kahlschlag ihrer begrünten Fassaden abgehalten werden konnten. Doch Hinwerfen ist für den 61-Jährigen keine Option. Ein Workshop mit Architekten, Bauträgern und städtischen Mitarbeitern soll im Frühjahr den Anfang für eine "Neuorientierung" des Begrünungsbüros legen.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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