Viertel-Stunde:Chill-out area für Sir Hubert

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Sieht besser aus, als er sich anhört: der Herkomerplatz. (Foto: robert haas)

Wenn es nach Bogenhausens Lokalpolitikern geht, sollte der Herkomerplatz aufgehübscht werden

Kolumne von Ulrike Steinbacher

Hubert von Herkomer mochte Autos. Dass er den Herkomerplatz gemocht hätte, darf man trotzdem bezweifeln. Obwohl dieses Gebilde aus sechs ineinander verschlungenen Straßen am Isarhochufer nebst Haltestellen für acht Bus- und zwei Trambahnlinien plus Taxistand und Parkplätzen sehr autogerecht ist - vorsichtig ausgedrückt. Wertstoffcontainer und eine Radlmietstation auf der Grüninsel vervollständigen das triste Bild. Der Platz war ursprünglich nach der Gebeleschule benannt. Erst 1927 bekam er den Namen des Landsberger Schreinersohnes, der in Großbritannien als Porträtmaler so berühmt geworden war, dass ihn König Eduard VII. 1907 in den Adelsstand erhob. "Sir Hubert" durfte er sich von da an bis zu seinem Tod 1914 nennen. Bayern hatte ihn schon acht Jahre zuvor als Ritter des Verdienstordens der Bayerischen Krone ausgezeichnet, für seine Studien an der Münchner Kunstakademie in den 1860er-Jahren. Der Ritter-Titel brachte dem Künstler das "von" ein.

Den Herkomerplatz nun wollen die Bogenhauser Lokalpolitiker seit Jahren aufhübschen, wollen Straßen und Gehwege neu sortieren, eine Taxispur entfernen, die Grünfläche besser zur Geltung bringen. Der jüngste Antrag von Patricia Castaño (Grüne) ging den meisten aber dennoch zu weit. Sie schlug vor, "einen Raum zum Entspannen und Ausruhen einzurichten", mit Gartenmöbeln und Brunnen. Peter Reinhardt (CSU) fühlte sich an Gerhard Polts "Luftkurort im Industriegebiet" erinnert, Karin Vetterle (SPD) sprach von einer "Chill-out area" am lautesten Verkehrsknoten des Stadtbezirks.

Sir Hubert allerdings hätte Autolärm vermutlich nicht viel ausgemacht. Er war begeisterter Automobilist und sponserte 1905 eine Tourenwagen-Rallye von München über Augsburg, Tübingen, Baden-Baden, Stuttgart, Nürnberg und Regensburg zurück nach München. Zum Teilnehmerfeld gehörten auch Adelige aus seinem Bekanntenkreis. 1906 und 1907 gab es Neuauflagen, die "Herkomer-Konkurrenzen" galten als Zuverlässigkeitsprüfungen. Heute trägt den alten Namen eine Oldtimer-Rallye rund um den Ammersee. Herkomers Geburtsstadt Landsberg organisiert die Tour alle zwei Jahre, am 9. Juli 2020 ist es das nächste Mal soweit.

© SZ vom 04.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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