Viertel-Stunde:Blick zurück

Lesezeit: 1 min

Spurensucher: Franz Kerscher (Foto: Claus Schunk)

Seit Franz Kerscher nach Waldperlach gezogen ist, widmet er sich der Historie des Viertels

Von Renate Winkler-Schlang

Für eine Sightseeingtour durch Waldperlach ist es besser, das Auto oder das Fahrrad zu nehmen als zu Fuß zu gehen, findet Franz Kerscher. Er dreht den Zündschlüssel und steuert die erste Attraktion an, die Salzmannstraße. Die Siedler haben hier in den Fünfzigerjahren die hölzernen Behelfsheime für die Ausgebombten nach und nach durch eigenhändig geschaffene, kleine Eigenheime ersetzt. Noch immer zeigt sich diese Siedlung in einheitlicher Struktur. Der 78-Jährige hat historische Fotos von fast allen Phasen des Quartiers in seinen Unterlagen. Seit er pensioniert ist, widmet sich der frühere Siemens-Ingenieur einige Stunden am Tag dieser Geschichte.

Kerschers Liebe zu historischen Bauwerken weckten schon seine Eltern, die ihm zum 25. Geburtstag das "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler" schenkten. Er besuchte Volkshochschulkurse, Vorlesungen, und bald war er soweit, selbst Stadtführungen zu machen. Kerscher, in der Au geboren, in Sendling aufgewachsen, zog vor einigen Jahren mit seiner Familie nach Waldperlach und war "fasziniert", wie wenig historisches Material sich finden ließ. Er schloss sich dem Festring Perlach an und arbeitete emsig mit im Heimatarchiv, verfasste Broschüren, Festschriften, neuerdings Aufsätze zum Herunterladen, sammelte Fotos, Dokumente, sprach mit Zeitzeugen.

Am Leiberheim vorbei - dem heutigen Ausflugsziel mit Wirtschaft und Biergarten, in dem einst das Königliche Leibregiment stationiert war -, geht es zur Isegrimstraße. Hier stand die Wache der Freiwilligen Feuerwehr, die inzwischen durch einen Neubau ersetzt wurde. Kerscher seufzt: "Da kann man nichts machen." Er fährt weiter, zeigt nach rechts, nach links: "Da, wieder so eine Burg." So nennt er die neuen, wuchtigen Mehrfamilienhäuser, die wachsen, wo früher schöne Mansardenhäuser standen. Immerhin: Den alten Wasserturm gibt es noch, er wurde zum Kirchturm der evangelischen Jubilatekirche.

Wenn er die Vorher-Nachher-Bilder in der Gänselieselschule ausstellt, sind viele der Betrachter traurig über all die Veränderungen im Viertel. Aber immerhin gibt es sie noch - die alten Fotos.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: