VfR Garching:Der Wecker schrillt

Lesezeit: 3 min

Kopf-an-Kopf-Duell – zumindest bis zur 25. Spielminute: Garchings Verteidiger Sebastian Koch (hinten) kämpft gegen Illertissen um die Lufthoheit. (Foto: Claus Schunk)

Zum zweiten Mal binnen wenigen Tagen holt der VfR Garching nach einem frühen Rückstand drei Punkte und entfernt sich weiter von den Relegationsrängen.

Von Fabian Dilger, Garching

Das Schrillen eines Weckers ist meist ein unangenehmer Moment. Kaltherzig und unbeirrbar mahnt das Gerät an die Aufnahme der täglichen Pflichten. Der Fußball-Regionalligist VfR Garching hatte seinen Wecker-Moment im Spiel gegen den FV Illertissen nach sieben Minuten, weil er dem Gegner das 0:1 vor die Füße gelegt hatte. Dieses misstönende Schrillen gleich zu Beginn machte Garchings Trainer Daniel Weber zuerst wütend, nach dem Spiel sah er aber das Gute: "Ich glaube, wir brauchen gerade diesen Wachrüttler, damit wir richtig funktionieren."

"Das macht dich halt wahnsinnig": Nach Orkun Tugbays Fehlpass ist Torwart Engl ohne Chance

Nach dem Weckruf erledigte Garching sein Tagwerk gegen spielstarke Gäste nämlich produktiv und überlegt - mit drei Toren sicherte sich der VfR ein 3:1 und legte ein paar Meter mehr zwischen sich und die Relegationsplätze am Tabellenende.

Garching startete das Spiel mit einer tiefen Defensive, die aber keine Sicherheit brachte. Die Illertisser kamen geschickt immer wieder in Zweikämpfe mit den Garchingern, die diese eigentlich tunlichst hätten vermeiden sollen - aufgrund der Nähe zum eigenen Tor. Schon in der siebten Minute hatte der Garchinger Sechser Orkun Tugbay jenen Aussetzer, der nicht mehr repariert werden konnte. Als letzter Mann spielte er vor dem eigenen Strafraum einen Fehlpass in die Füße des Illertissers Maurice Strobel. Allein auf weiter Flur überlupfte Strobel den zurücklaufenden Garchinger Torwart Maximilian Engl. "Das macht dich halt wahnsinnig, vor allem wenn du dem Gegner was schenkst", sagte Weber nach dem Spiel. Pardauz, das musste der VfR erst einmal sacken lassen.

Weber hatte seine Mannschaft auch deswegen defensiv eingestellt, weil der FV Illertissen mit gehörig Wind im Segel nach Garching gekommen war: Von den fünf Spielen nach der Winterpause hatten die Schwaben vier gewonnen.

Doch dann zeigte der "Wachrüttler" sehr unvermittelt Wirkung. Mit weniger Vorankündigung als die Zeugen Jehovas brachte sich Garching mit einer einzigen Aktion zurück ins Spiel: Nach einem Rückpass auf den Illertisser Torwart sprintete Garchings Kapitän Dennis Niebauer diesem von hinten zwischen Hände und Ball, spitzelte die Kugel weg und wartete clever auf die Hände. Den fälligen Elfmeter verwandelte Simon Seferings (21.). Vier Minuten später holte Garching das Spiel komplett auf seine Seite: Orkun Tugbay wurde im linken Halbfeld gefoult, brachte den Freistoß angeschnitten an den Fünfer, und Innenverteidiger Philipp Walter köpfelte ein (25.). Sie waren wach.

Beide Mannschaften zeigten dann bis zur Pause die spielerische Klasse, die sie auf dem Rasen abrufen können. Ein glänzend ausgespielter Garchinger Konter über vier direkte Stationen, eine Hackenablage von Dennis Niebauer in den Strafraum, ein wunderschöner Pass direkt in die Schnittstelle der Garchinger Abwehr - die offensiven Aktionen unterhielten die 280 Zuschauer, lediglich der Abschluss funktionierte auf beiden Seiten nicht.

"Ich finde die Tabelle äußerst trügerisch", mahnt Weber. Hier ist er zum Pessimismus verpflichtet

Nach der Pause nahm Garching den ursprünglichen Plan wieder auf. Sicher stehen, dem Gegner wenig Abschlussmöglichkeiten vor dem eigenen Tor bieten. Das funktionierte bedingt: Illertissen hatte sich auch schon müde gespielt und musste deswegen öfter zum Gewaltmittel des Fernschusses greifen. Maurice Strobel (61.) und Volkan Celiktas (78.) wuchteten die Bälle aber derart gefährlich aufs Tor, dass Torwart Engl zwei Mal abheben und bis ins äußerste Eck fliegen musste. In der Illertisser Hälfte fanden die Garchinger dann immer wieder viel Rasengrün und wenig Gegenspieler vor. Die Konterangriffe spielte der VfR aber oft zu langsam aus. Verständlich in einer englischen Woche, wie Weber fand. Ein einziges Mal lief der Ball im Eiltempo, und genau dann wurde Tom Zimmerschied alleine vor dem Tor freigespielt - zwar abseitsverdächtig, aber Zimmerschied wurde nicht zurückgepfiffen, als er den Endstand herstellte (81.).

Die Garchinger haben jetzt sechs Punkte Vorsprung auf die Relegationsplätze. Für Weber reicht das noch nicht, um seine Abschiedsspiele schon sorgenfrei genießen zu können. Als Trainer ist der 45-Jährige zum Pessimismus verpflichtet, wenn er den Abstiegskampf beurteilt. "Ich finde die Tabelle äußerst trügerisch", betonte Weber und begründete hinterher gleich schlüssig: Die Erfahrung in der Regionalliga zeige, dass die Mittelfeld- und die Reserve-Mannschaften auf der Zielgeraden gern mal Spiele abschenkten, auch gegen Abstiegskandidaten. Garching kann solchen Geschenken aber entspannt entgegensehen, wenn die Mannschaft die aktuelle Form behält und weiter punktet. In den letzten Saisonspielen spielt der VfR noch gegen einige Gegner aus der unteren Tabellenzone.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: