VfR Garching:Bierdeckel-Klatsche

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Tänzchen ohne Happy End: Leopold Krueger (links) und seine Garchinger Kollegen mussten gegen den Regionalligaaufsteiger Aubstadt eine heftige 1:5-Heimniederlage einstecken. Damit kassierte das Team von Trainer Philipp Bönig in den jüngsten beiden Partien insgesamt zehn Gegentore. (Foto: Claus Schunk)

Die Bönig-Elf verliert 1:5 gegen Neuling Aubstadt - eine Woche nach einer 0:5-Niederlage in Eichstätt. Der Trainer will nun wieder eine defensive Ordnung herstellen.

Von Gerhard Fischer, Garching

Nicht nur die Löwen ("57, 58, 59, Sechzig!") und die Bayern ("Stern des Südens") haben Lieder, auch beim VfR Garching werden die Fußballer besungen. Vor dem Spiel gegen den TSV Aubstadt durfte man sich anhören, wie "die Kameradschaft" via Lautsprecher gepriesen wurde, wie man sich klein und sympathisch machte ("Garching spielt für wenig Geld"), und wie die Gemeinschaft hochgehalten wurde: "Keine Niederlage ist es wert, dass man nicht mehr zusammen hält."

Gut 90 Minuten später hatte Garching eine deftige Niederlage kassiert, nämlich ein 1:5 (0:2). Und Trainer Philipp Bönig rückte zumindest kurzzeitig von seinen Spielern ab, als er bei der Pressekonferenz sagte: "Das war in allen Belangen nicht regionalligatauglich." Bönig bemängelte Körpersprache, Passgenauigkeit, Abwehrverhalten. Er werde seinen Spielern das deutlich sagen und der Mannschaft zuallererst wieder eine "defensive Ordnung" geben, was dringend geraten ist: Eine Woche vor dem 1:5 gegen Aubstadt hatte Garching 0:5 in Eichstätt verloren.

Es hat sich nicht bis Südbayern rumgesprochen, dass Aubstadt einen filigranen Linksfuß hat

Der TSV Aubstadt ist ein Aufsteiger, seine Kicker kommen aus einem 700-Einwohner-Ort nordöstlich von Schweinfurt. Hessen ist nicht mehr weit, und Thüringen bloß fünf Kilometer entfernt. Aubstadt hat zwei Besonderheiten: einen angeblich sehenswerten Bestand an Wildkirschbäumen und, so verrieten es Teams, die schon gegen Aubstadt spielten, ein Fußballteam mit kernigen Kerlen. Dass sie auch einen filigranen Linksfuß in ihren Reihen haben, hat sich offenbar nicht nach Südbayern durchgesprochen: Ingo Feser erzielte in Garching vier Tore, alle mit links.

In der siebten Minute legte er sich etwa 24 Meter vor dem VfR-Tor den Ball zurecht und hob ihn lässig über die Mauer in den Kasten von Dominic Dachs. Das sah sehr einfach aus. Aber hinter jeder Kunst steckt stete Übung.

Philipp Walter hatte im Gegensatz zu Feser einen gebrauchten Tag erwischt. Der Garchinger Verteidiger fiel erstmals in der 15. Minute negativ auf, als er Angreifer Michael Dellinger im Strafraum foulte. Feser schoss den Elfer. Mit links. Ins linke Eck. Es stand 0:2, und die Tribünengäste stellten dem VfR ein schlechtes Zeugnis aus: "Miserable Leistung", rief einer. "Die schlafen ja", moserte ein anderer. "Einfache Bälle kommen nicht an", sagte ein Dritter. Irgendwie hatten sie alle recht.

Nach 20 Minuten rissen sich die Gastgeber am Riemen. Sie kämpften besser als am Anfang, man sah anständige Ballstafetten, passable Standards - und sogar Chancen. Eine kluge Hereingabe von Dennis Niebauer fand keinen Abnehmer (20.) und ein schlauer Heber von Linus Radau fiel aufs Dach des Gästetores (23.). Ein zarter Hauch von Da-geht-vielleicht-noch-was war zu spüren. Dellinger hätte diese Hoffnungen zerstören können, doch er schoss aus drei Metern einen Meter drüber (45.) und bewarb sich damit für die Top Ten der sinnlos verdaddelten Torchancen an diesem fünften Spieltag der Regionalliga Bayern.

Die Garchinger machten aus ihrer Überzahl erbärmlich wenig

Feser erledigte drei Minuten nach der Pause das, was Dellinger vor dem Seitenwechsel fahrlässig verpasste: Er traf ins Tor und erzielte das 3:0 für die Gäste. Diesmal war nicht Fesers Schuss ansehnlich (er traf schmucklos mit links ins linke Eck), sondern die Vorarbeit. Da düpierte nämlich Christoph Schmidt den ebenso bedauernswerten wie konzentrationsschwachen Walter im Strafraum auf so demütigende Art und Weise, dass sich Zuschauer ermuntert sahen, von Bauerntrick und Bierdeckel-Klatsche zu reden. Schmidt ließ Walter auf engem Raum mit Spitze-Hacke-Einszweidrei stehen wie einen Zinnsoldaten und passte zurück auf Abnehmer Feser.

Dann schuf Schiedsrichter Andreas Hummel perfekte Rahmenbedingungen für eine Aufholjagd der Garchinger: Erst pfiff er einen zweifelhaften Elfer (Maximilian Berwein hatte Steffen Behr aus kurzer Entfernung an die Hand geschossen), den Dennis Niebauer mit einem Flachschuss ins linke Eck verwandelte (54.); dann stellte er Behr mit Gelb-Rot vom Platz (58.). Die Garchinger hatten einen Mann mehr auf dem Feld und über 30 Minuten Zeit, das Spiel zu drehen. Sie machten daraus erbärmlich wenig.

Christopher Bieber, früher unter Bernd Hollerbach bei Kickers Würzburg, erzielte stattdessen mit einem Drehschuss das 1:4 (79.), und dem famosen Feser gebührte der Abschluss: Er staubte ab, nachdem Dellinger an Dachs gescheitert war (82.). "Das wird gefeiert", sagte Aubstadts Trainer Joseph Francic, "wir halten auf dem Heimweg an jeder Tankstelle".

© SZ vom 05.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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