Versteigerung im Fundbüro:Fünf Handys für 36 Euro

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Billiger geht's nicht: Im Münchner Fundbüro wird zweimal pro Jahr Liegengebliebenes versteigert. Manche bieten zögerlich, andere haben den Finger ständig oben.

Lisa Sonnabend

Petra Sommer hebt die Hand erst zaudernd, beim zweiten Mal fast schon leichtfertig. Und sofort ist es passiert - niemand will sie überbieten. "36 Euro, zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten", schallt es durch den Raum. Petra Sommer lacht nervös auf, hält sich die Hände vor den Kopf. Eigentlich wollte sie sich die Versteigerung nur ansehen - doch nach wenigen Minuten hat sie bereits zugeschlagen.

Unverhofft kommt oft: Petra Sommer hat doch zugeschlagen. (Foto: Foto: sonn)

So geht es vielen am Mittwoch Vormittag bei der Versteigerung im Fundbüro. Liegengebliebene Gegenstände, die keiner abgeholt hat, werden an die Münchner vekauft - in manchen Fällen gar verscherbelt. Nach einer Stunde sind mehr Handys versteigert worden, als Menschen im Saal anwesend sind. In dem Päckchen von Petra Sommer befinden sich gleich fünf Mobiltelefone.

"Da hab ich aber ein Schnäppchen gemacht." Nach ein paar Minuten kann sich die Münchnerin, die zum ersten Mal bei einer Versteigerung dabei ist, richtig freuen. "Ich habe schon zweimal mein Handy versehentlich mitgewaschen." Das Vorratspack ist für sie genau das Richtige.

Von einem Startpreis von 20 Euro bis zu einem Endgebot von 100 Euro vergeht im Fundbüro oft nicht einmal eine Minute. Sabine Eisenhauer, die Leiterin des Fundbüros, zählt, immer wenn jemand die Hand hebt, in Zwei-Euro-Schritten weiter nach oben. Ein paar Mal verzählt sie sich, manchmal übersieht sie jemanden, der in der Ecke sitzt.

In der ersten Reihe hat sich einer postiert, der praktisch ständig den Finger oben und schon 20 Handys auf seinem Schoß hat. Ein dunkelhaariger Mann in der Mitte notiert die Namen aller Handymodelle, die Eisenhauer anpreist. Manchmal schnappt sein Finger in die Luft und seine Augen werden glasig. Nach einer halben Stunde schreibt er seiner Freundin die Geheimnummer seiner EC-Karte auf das Handgelenk und schickt sie zum Geldholen. Es darf nur in bar bezahlt werden. Die von ihm ersteigerten Waren werden wohl bald über ein Online-Auktionshaus erneut den Besitzer wechseln - mit saftigem Gewinn für ihn.

Renate kommt mit ihrem Mann in den kahlen weißen Saal, den nur eine Deutschland- und eine Europakarte schmücken. "Diese Versteigerung ist eine tolle Sache", sagt sie. "Studenten können hier billig Computer kaufen, die sie sich sonst gar nicht leisten könnten." Die ältere Dame hat vor kurzem ihren Ehering verloren. Als ein Päckchen Goldringe den Besitzer wechselt, vermutet sie: "Das hat sicher ein Juwelier ersteigert, der die Ringe einschmilzt." Ob ihr Ehering nicht vielleicht doch dabei ist?

Etwa 60.000 verlorene Gegenstände lagern im Münchner Fundbüro in der Oetztaler Straße 19, nur jeder fünfte wird wieder abgeholt. Zweimal im Jahr findet deswegen die Versteigerung statt. Nach den Handys folgen Laptops, Schmuckstücke und Kameras. Am Donnerstag von 9 bis 16 Uhr sind Kleidung, Brillen, Bücher, Spielzeug, Sportartikel, Koffer und Musikinstrumente an der Reihe - damit Platz ist für die verlorenen Oktoberfestgegenstände, die in einigen Wochen eintreffen werden.

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:Fünf Handys für 36 Euro

Billiger geht's nicht: Im Münchner Fundbüro wird zweimal pro Jahr Liegengebliebenes versteigert. Manche bieten zögerlich, andere haben den Finger ständig oben.

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