Verkehrsdrehscheibe:Bahn setzt nun doch auf Aufzug

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Nach anhaltendem politischen Druck soll am S-Bahnhof Laim ein Provisorium eingebaut werden, mit dem während des Umbaus die Plattformen in beide Richtungen von Herbst an barrierefrei erreichbar sind

Von Andrea Schlaier, Laim/Nymphenburg

Und sie bewegt sich doch - Kunststück, werden manche sagen, ist ja ein Transportunternehmen. Es ist wohl gehörigem politischen Druck zu verdanken, dass die Deutsche Bahn AG nun für den Komplettumbau des Laimer S-Bahnhofs doch noch einen barrierefreien Zugang zu den Gleisen ermöglicht. Mit einem Aufzug-Provisorium, das von August 2020 an sowohl zu den stadteinwärts- wie stadtauswärts verkehrenden Bahnsteigen führt. Damit wird die Station nicht, so wie im Sommer 2019 noch vorgesehen, jahrelang für Menschen mit mobiler Beeinträchtigung zum Tabu. Denn ein schwellenfreies Erreichen der S-Bahn für den Halt, den täglich 60 000 Reisende passieren, war nicht vorgesehen. Auf den erregten Protest sowohl der Anrainer-Bezirksausschüsse Laim und Neuhausen-Nymphenburg hin wie auch des Behindertenbeirats der Landeshauptstadt und nahezu aller Stadtratsfraktionen vermeldet die Bahn jetzt die "gute Nachricht".

"Wir freuen uns, dass wir nach umfangreichen Prüfungen und Planungen eine Lösung gefunden haben, mit der alle Reisenden die beiden Bahnsteige der S-Bahn Laim auch während der nächsten Bauphase ab Herbst 2020 bis Frühjahr 2022 komplett barrierefrei erreichen können", verkündet eine Sprecherin. Und gesteht auch: "In der Planfeststellung war die Barrierefreiheit aufgrund der sehr beengten Baustellensituation zu beiden Bahnsteigen nicht vorgesehen." Seit Herbst - nachdem der Unmut links und rechts der Röhre sich bereits in hartnäckige Forderungen verwandelt hatte -, sei an einem Konzept für eine zumindest teilweise Barrierefreiheit mit dem Zugang zu einem Gleis gearbeitet worden. Den ersten Wurf hatten Bahnvertreter im Dezember im Laimer Bezirksausschuss so vorgestellt: In der hochkomplexen Baustelle, die obendrein bei laufendem Verkehr betrieben werden muss, sei von August 2020 bis April 2022 ausschließlich der südliche Bahnsteig mittels eines Interims-Aufzugs barrierefrei erreichbar, sprich nur für alle, die stadteinwärts unterwegs sind. Wer raus aus München wolle, Kinderwagen, schwere Koffer oder Rollator dabei habe, müsse eine Station bis zum Hirschgarten fahren und dort stolperfrei die Seiten wechseln, um aus der Stadt zu rollen.

"Unzureichend", schallte es aus den Reihen der örtlichen Gremien und des Behindertenbeirates. Die Vertreter der Bahn verwiesen neuerlich auf extrem enge Verhältnisse im Bauwerk und die hohen Kosten. "Wir geben das Geld des Freistaates aus und müssen uns rechtfertigen, dass wir sagen, wir wollen einen sechsstelligen Beitrag für einen temporären Aufzug, der eineinhalb oder zwei Jahre in Betrieb ist", argumentierte einer der Bahn-Vertreter im Laimer Bezirksausschuss (BA).

Was letztlich Auslöser für das Umdenken in großem Stil war, sagt die Bahnsprecherin nicht. Erklärt aber, dass auch nach 2022 bis zum Ende der Bauarbeiten an einer barrierefreien Lösung gearbeitet werde. Der Aufzug müsse dann wegen der sich ändernden Baustellensituation umziehen. "Aber auch hier arbeiten wir daran, eine Lösung zu finden." Von Frühjahr 2023 an könnten nach aktuellen Planungen die Bahnsteige dann direkt von der neuen Umweltverbundröhre aus ohne Schwellen erreicht werden. Und: Man befinde sich in gutem Austausch mit dem städtischen Behindertenbeirat und dem Beraterkreis für barrierefreies Planen und Bauen. Aufgrund der Initiative ihres Gremiums, bestätigt Brigitte Neumann-Latour vom Behindertenbeirat, habe ein weiteres Gespräch mit der Bahn stattgefunden. Gemeinsam sei eine Lösung gefunden worden. Man werde weiter verhandeln, damit diese auch umgesetzt werde. Ein uneingeschränktes "Hurra" ist auch vom Laimer Bezirksausschuss-Chef Josef Mögele (SPD) nicht zu hören. "Ich hoffe, wir haben einen Teilerfolg erreicht." Durch den massiven politischen Druck hätten die Bahnverantwortlichen wohl "erhebliche Probleme gesehen, ohne praktikable Lösung weiterzumachen".

© SZ vom 24.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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