Urteil zu Sicherungsverwahrung:Westparkmörder möglicherweise bald frei

Lesezeit: 1 min

Sollte das Bundesverfassungsgericht die nachträgliche Sicherungsverwahrung kippen, müsste Gorazd B. entlassen werden.

Christian Rost

Das für Mittwoch erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Sicherungsverwahrung von Straftätern ist auch für den Fall des sogenannten Westparkmörders relevant. Seit März wird am Landgericht München I darüber verhandelt, ob Gorazd B. nach der Verbüßung seiner zehnjährigen Jugendstrafe hinter Gittern bleiben muss. Sollte das Verfassungsgericht die dauerhafte Unterbringung von Straftätern kippen oder auch nur einschränken, könnte B. noch im Mai freikommen.

Der Slowene hatte 1993 im Alter von 18 Jahren im Westpark den Architekten Konrad H. mit einem Messer getötet. Das Motiv: Der bereits wegen versuchten Totschlags vorbestrafte Gewalttäter war nach einem Streit mit seiner Freundin und wegen eines laufenden Abschiebeverfahrens frustriert. Schon die Verurteilung wegen dieser Tat entwickelte sich zu einem schwierigen Prozess: Erst 2003 einigten sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft in einem Deal darauf, gegen B. die Jugendhöchststrafe zu verhängen. Die hat er längst abgesessen - einschließlich der Untersuchungshaft befindet er sich seit 14 Jahren hinter Gittern.

Die Staatsanwaltschaft München I, die ursprünglich auf eine lebenslange Freiheitsstrafe gedrängt hatte, hält ihn nach wie vor für eine "tickende Zeitbombe". Auch mehrere Gerichtspsychiater bescheinigen ihm eine "anhaltend hohe Gefährlichkeit". Die Staatsanwaltschaft beantragte deshalb die nachträgliche Sicherungsverwahrung. Die Forderung steht auf wackeligen Beinen: Die für den Fall zuständige 10.Strafkammer am Münchner Landgericht ließ mehrfach durchblicken, dass sie das Gefährdungspotenzial der 35-Jährigen anders einschätzt. Kurzzeitig war der Slowene bereits in Abschiebehaft, weil das Gericht keine rechtliche Handhabe für die Sicherungsverwahrung sah. Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung auf Drängen der Staatsanwaltschaft wieder auf.

B.s Verteidiger Gunther Haberl ist ohnehin der Auffassung, dass es "rechtswidrig" wäre, seinen Mandanten dauerhaft wegzusperren. B. habe seine Strafe mehr als abgesessen. Seit Jahren sei er in der Haft nicht mehr auffällig gewesen. "Dass er als verschlossen gilt und im Gefängnis nicht freundlich grüßt, reicht für die Sicherheitsverwahrung nicht aus", so Haberl. Auch eine Persönlichkeitsstörung, wie sie bei B. festgestellt wurde, stelle keine ausreichende Grundlage dar.

Unter diesen Vorzeichen, so glaubt der Anwalt, werde B. auch unabhängig von der Karlsruher Entscheidung in absehbarer Zeit freikommen. Bei Gericht hieß es, man werde sehen, ob nach dem Grundsatzurteil überhaupt noch ein weiterer Verhandlungstermin in Sachen B. nötig sei. Sollte der Mann tatsächlich freikommen, soll er sofort abgeschoben werden.

© SZ vom 04.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: