Urteil:Rentner erstickt seine kranke Ehefrau - keine Verurteilung

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  • Reimund F. hatte seine kranke Frau lang gepflegt, sie dann aber an Weihnachten getötet.
  • Weil er zum Tatzeitpunkt bereits dement war, stellt das Gericht fest, dass er schuldunfähig war.

Der Sohn und die Tochter hatten nichts bemerkt. Doch an Weihnachten vor einem Jahr war ihr Vater Reimund F. bereits dement. Es war ein schleichender Prozess. Seine Frau Maria war zuletzt ein sterbenskranker Mensch. Sie hatte es am Herzen, hatte Atemnot, konnte sich kaum mehr bewegen und litt an schwerer Demenz. Als ihr Mann am frühen Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages aufwachte, röchelte die 84-Jährige. Reimund F. hatte sie lange aufopferungsvoll gepflegt, doch an jenem 26. Dezember drückte er einen Waschlappen seiner Frau solange aufs Gesicht, bis sie erstickte.

Danach versuchte er, sich selbst das Leben zu nehmen. Da Reimund F. zu diesem Zeitpunkt dement war, handelte er im "Zustand der Schuldunfähigkeit", so die 2. Strafkammer am Landgericht München I am Donnerstag in ihrem Urteil.Die zeitlich unbefristete Unterbringung des früheren Bäckers in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik lehnte sie ab. Die Voraussetzungen hierfür lägen zwar vor, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann. Doch die Tat beruhe "auf einer ganz speziellen Situation".

F. "wollte seine Frau erlösen, weil sie sehr krank war und auch er seine Kräfte schwinden sah". Der Fall sei "einzigartig". Entscheidend für das Urteil war die Frage, ob von dem 85-Jährigen "weitere erhebliche Straftaten zu erwarten" sind. F.s Anwälte, Eduard Uebelacker und Heidi Pioch, schlossen dies aus. Die Tat sei unter "besonderen Umständen passiert, es war eine einmalige Tat", sagte Uebelacker. Pioch forderte einen Freispruch. Raimund F. sei "ein friedlicher Mensch", der keine "aggressive Demenz" habe.

Der 85-Jährige ist inzwischen auf einen Rollstuhl angewiesen. An seinem Gesundheitszustand wird sich nach Überzeugung von Ärzten nichts ändern, Demenz ist nicht heilbar. "Von dem Beschuldigten in seiner jetzigen Verfassung sind keine erheblichen Straftaten zu erwarten", sagte Richter Riedmann.

Reimund F. ist somit wieder ein freier Mann. Seine letzten Lebensjahre wird er in einem Pflegeheim im Kreis Fürstenfeldbruck verbringen. Seine Kinder haben in den vergangenen Tagen eine Zusage für einen Platz in der Einrichtung erhalten. Am Ende wandte sich Richter Riedmann an Reimund F. mit den Worten: "Mir bleibt, Ihnen alles Gute zu wünschen für die Zukunft." Der 85-Jährige bedankte sich.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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