Urteil des Amtsgerichts:Ab wann ist ein Hund zu groß für den Spielplatz?

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Nicht überall im Fideliopark darf man seinen Hund von der Leine lassen. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Eine 72-jährige Hundebesitzerin soll 200 Euro Strafe zahlen, weil sie ihren zu großen Hund auf einem Spielplatz frei herumlaufen ließ.
  • Die Frau weigert sich, das Bußgeld zu zahlen, weil ihr Hund falsch vermessen worden sei.
  • Tatsächlich wird die entscheidende 50-Zentimeter-Marke immer wieder aufs Neue definiert und ist damit abhängig von der Größe des Polizisten.

Von Stefan Simon, München

Der Hund mag als bester Freund des Menschen gelten, oft genug ist es aber eine einseitige Liebe - spätestens wenn er auf Menschen in Behörden trifft. Die pflegen von Berufs wegen einen nüchternen Umgang mit Vierbeinern und erst recht mit deren Haltern. Gerade hat das Amtsgericht eine 72 Jahre alte Rentnerin zu 100 Euro Geldbuße verurteilt. Und so überschaubar der Betrag am Ende ausfiel, so groß war zu Beginn das Unverständnis der Frau, die des "fahrlässigen Verstoßes gegen das Betretungsverbot von Kinderspielplätzen mit einem größeren Hund" beschuldigt wurde.

Was war passiert? Die Seniorin und ihr schwarzhaariger Mischling spazierten durch Johanneskirchen. Im Fideliopark durfte er von der Leine, und der Hund tat, was Hunde dann so tun. Es gibt dort eine Wiese mit zwei Eisentoren, und mit einem zweiten Hund lief er "zwischen den Toren hin und her", wie das Gericht zu Protokoll nahm. Hunde und Halter waren aber nicht allein, zwei Kontrolleure der Stadt beäugten das Treiben.

Es folgte, unausweichlich, ein Bußgeldbescheid. Eine Vermessung an Ort und Stelle ergab, dass der Hund eine Schulterhöhe von mehr als 50 Zentimetern hatte - was die Ordnungshüter mit 200 Euro zu ahnden gedachten, die Frau aber nicht zu zahlen bereit war. Erstens, sagte sie, hätten die Mitarbeiter falsch gemessen, zweitens sei ihr nicht klar gewesen, dass sie sich auf einem Kinderspielplatz aufhielt, und von einem Betretungsverbot habe sie drittens auch noch nie gehört.

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Einem Halter wird das Tier entzogen, dagegen zieht er vor Gericht. Bis entschieden ist, ob der Hund eine Bedrohung darstellt, darf dieser wieder zurück zu seinem Herrchen.

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Die Stadt und auch das Amtsgericht ließen die Rentnerin so leicht aber nicht davonkommen. Aus dem Verlauf des Strafprozesses lässt sich mehrerlei lernen: Ein Spielplatz muss nicht aussehen wie ein Spielplatz, um ein Spielplatz zu sein. Es spiele keine Rolle, so das Gericht, "ob dieser auch von Erwachsenen benutzt wird, ob dort ab und zu Autos widerrechtlich parken, ob tatsächlich Kinder spielen, oder um welche Jahreszeit es sich handelt". Die beiden Fußballtore genügten vollauf. Es sei "jederzeit erkennbar" gewesen, "dass es sich um einen Fußballbolzplatz handelt".

Überdies, so das Amtsgericht, habe jeder Hundehalter "die gesetzlichen Regelungen, die mit dem Halten von Hunden einhergehen sich anzueignen und zu beachten". Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Bleibt die Frage, wie ein Hund korrekt vermessen wird und ob Kontrolleure sich diesbezüglich irren können. Die Antwort ist vielleicht das Überraschendste an diesem Verfahren. Denn tatsächlich wird die entscheidende 50-Zentimeter-Marke immer wieder aufs Neue definiert. Vor jedem Kontrollgang werden dazu im Büro die Beine abgemessen - die der Menschen, wohlgemerkt. Stöckelschuhe oder Sneaker, entscheidend ist da die Wahl der Schuhe. Am "Tattag" habe die Kontrolleurin so festgestellt, "dass die Schulterhöhe eindeutig höher war als der untere Rand ihrer Kniescheibe", der Hund also zu groß für einen Spielplatz gewesen sei.

Für den Strafrichter war diese Erklärung Beweis genug. Er glaubte der Rentnerin jedoch, dass sie nicht absichtlich gegen die Hundeverordnung gehandelt habe, und reduzierte das Bußgeld. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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