Unternehmen:Exodus der Facharbeiter

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Die Montage von Bremsanlagen für Schienenfahrzeuge will Knorr Bremse von München an andere Standorte verlagern. (Foto: oh)

Knorr Bremse verlagert 300 Arbeitsplätze nach Berlin, Budapest und China

Von Katja Riedel

Der Münchner Traditionsbetrieb Knorr Bremse verlagert gut 300 Arbeitsplätze an andere Standorte. Das teilte das Unternehmen, das seinen Sitz im Nordwesten Münchens hat, am Montag mit. Künftig werden in München hauptsächlich Ingenieure, Kaufleute und weitere Verwaltungsmitarbeiter sitzen - Facharbeiter werden die Bremsen für Schienenfahrzeuge künftig aber an anderen Standorten zusammenschrauben, geht aus der Nachricht des Unternehmens hervor. Für München heißt dies, dass die Stadt ein weiteres Unternehmen bekommt, das zwar noch von München aus geführt wird, hier aber nichts mehr produziert.

Bereits Ende dieses Jahres wird Knorr-Bremse in München ein neues Entwicklungszentrum eröffnen. Dafür hat das Unternehmen bereits 90 Millionen Euro investiert. Weitere 100 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren in den Ausbau gesteckt werden, heißt es. Für 184 fest Angestellte und 118 befristet Beschäftigte heißt das aber trotzdem nichts Gutes: Montage und Fertigung soll es in München demnach nicht mehr geben. Ihre Arbeitsplätze wandern gen Osten: nach Berlin, Budapest sowie nach Suzhou und Nankou in China. Betriebsbedingte Kündigungen soll es wohl nicht geben - Befristungen sollen aber nicht verlängert werden. Anderen werde eine Versetzung angeboten, zudem solle es Abfindungen und Vorruhestandsregelungen geben.

Knorr-Bremse sieht sich als weltweit führender Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. Das Unternehmen beschäftigt weltweit etwa 25 000 Mitarbeiter, davon 5000 in Deutschland. In München arbeiten derzeit rund 2500 Menschen für Knorr Bremse.

Hinter Knorr Bremse steht seit Mitte der Achtzigerjahre die Münchner Familie Thiele. Patriarch Heinz Hermann Thiele, der erst in führenden Positionen für das Unternehmen arbeitete und dann Mehrheitsgesellschafter wurde, steht an der Spitze. Eigentlich hatte dessen Sohn, Henrik Thiele, 47, von Juli an ins höchste Führungsgremium aufrücken und die Schienensparte übernehmen sollen. Völlig überraschend hat Thiele Junior allerdings das Unternehmen verlassen, wie Mitte Juni bekannt geworden war. Aus persönlichen Gründen, hieß es.

Wie viele andere Münchner Technologieunternehmen wurde auch Knorr Bremse ursprünglich in Berlin gegründet, und zwar 1905 von Georg Knorr. Er entwickelte damals eine Druckluftbremse für Güterzüge, mit der sein Unternehmen schnell europaweit führend wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Berliner Werk enteignet, der Sitz von Firma und Zentrale nach München verlegt. Nach der Übernahme durch Thiele expandierte Knorr Bremse weltweit.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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