Unternehmen:Der Mönch im Wappen

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Wo gebetet wird, wird auch gearbeitet: Klöster sind Sozial- und Wirtschaftsbetriebe

Von Jakob Wetzel

Die Mönche waren zuerst da: Als die ersten Siedler, also die ersten Münchner kamen, da ließen sie sich bei einem Kloster nieder, bei den Mönchen, von daher: München. Doch als diese Siedlung florierte, als sie aufstieg zu einem zentralen Handelsplatz und zur Fürstenresidenz, da dauerte es nicht lange, und es kamen umgekehrt die Mönche zu den Münchnern.

Schon um 1300 zierte alle vier Ausfallstraßen je ein großes Kloster: im Westen ließen sich Augustiner-Eremiten nieder, im Norden Franziskaner, im Osten stand das Spital der Heilig-Geist-Brüder, im Süden, am Anger, lebten Klarissen. Und die Bewohner dieser Häuser beteten und predigten nicht nur, sie übernahmen auch soziale Aufgaben: Sie verwalteten Stiftungen, pflegten Alte, Kranke und Arme, beherbergten Pilger. Mehrere Klöster brauten Bier, auch um Bedürftige zu verköstigen. Heilig-Geist-Brüder und Franziskaner betrieben gar eigene Friedhöfe.

Und selbst Gemeinschaften, die nicht in der Stadt lebten, unterhielten hier Wirtschaftsgebäude. 22 auswärtige Klöster betrieben Häuser in München. Die meisten gehörten Augustiner-Chorherren oder Benediktinern, aber Mönche lebten nicht in ihnen. Die Häuser wurden von weltlichen Bediensteten geleitet und dienten dazu, den oft gestifteten, also verstreuten Klosterbesitz zu verwalten. Bauern, die das Land des Klosters bestellten, konnten ihre Abgaben im Münchner Haus abliefern; Getreide etwa wurde dann direkt weiterverkauft. So finanzierten die Klöster über ihre Häuser in der Stadt ihren Unterhalt.

Die Klösterhöfe boten zudem den Vorteil, dass die Wege kürzer waren: Gesandte des Ordens übernachteten hier ebenso wie pilgernde Mönche. In Kriegszeiten ließen sich Schätze in der geschützten Stadt verwahren. Und im Frieden warben die Ordensbrüder bei den Münchner Bürgersöhnen um Nachwuchs. Keines dieser Klosterhäuser ist erhalten geblieben.

Am prominentesten von ihnen platziert war der Ettaler Hof: Er stand an der Kaufingerstraße. Das Haus gehörte dem Benediktinerkloster Ettal. So wie dieses war es eine Stiftung Kaiser Ludwigs des Bayern. Glücklich waren die Mönche freilich nicht mit dem Haus. Zwar konnten sie mehrere Zimmer im Vordergebäude vermieten. Aber der Betrieb war so unprofitabel, dass sie das Haus mehrfach verkaufen wollten. 1615 schritt Herzog Maximilian ein, weil er die kaiserliche Stiftung nicht schmälern wollte. 1753 gab Kurfürst Max III. Joseph nach. Die Mönche trennten sich vom Münchner Haus und kauften dafür einen Hof im schwäbischen Merching.

Diese klösterliche Wirtschaft fand mit der Säkularisation ein Ende. Von 1802 an ließ Kurfürst Maximilian IV. Joseph Klöster schließen und ihren Besitz verstaatlichen. Dem Herrscher ging es um schnelles Geld; er wollte damit Schulen finanzieren. Und so wurde die Kirche der Augustiner-Eremiten in eine Mauthalle umgewandelt, das Franziskanerkloster wurde abgerissen. In anderen Häusern wurden Soldaten, sogar Sträflinge einquartiert. Die Klosterhäuser wurden verstaatlicht, verkauft und meist abgebrochen.

Doch die Klöster kehrten zurück. König Ludwig I., der nächste Landesherr, pflegte eine Leidenschaft für sie. Noch dazu hatte sich der Einschnitt kaum gelohnt, dagegen waren alte soziale Zentren zerschlagen worden. Und so lockte Ludwig wieder Orden nach München und begründete eine neue Klosterlandschaft mit alten Bekannten - so kehrten 1827 Franziskaner zurück, allerdings an einen neuen Ort, an den Sankt-Anna-Platz im Lehel - und mit in der Wohlfahrt tätigen Orden, die im 19. Jahrhundert neu entstanden waren, etwa den Armen Schulschwestern, die seit 1843 am Anger leben. Und so ergänzen Klöster wieder die soziale Landschaft Münchens, wie früher.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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