Unklare Zukunft der Studiengebühren:An der Uni herrscht Verunsicherung

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"Die Hochschulleitung kann solche Risiken nicht eingehen": Weil die Zukunft der Studiengebühren völlig unklar ist, verlängert LMU-Präsident Bernd Huber mehr als 100 befristete Stellen nicht und will sie auch nicht neu vergeben.

Sebastian Krass

Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) zieht wegen der anhaltenden Ungewissheit um die Zukunft der Studiengebühren erste Konsequenzen. Aus den Einnahmen der Studiengebühren finanzierte Stellen werden derzeit nicht über den 31. März hinaus verlängert und auch nicht neu vergeben.

Die Verträge von 123 Mitarbeitern laufen bis dahin aus, nur für einzelne ist bisher eine Lösung gefunden, die anderen bangen um den Job. "In diesem Semester haben wir noch Einnahmen aus Studienbeiträgen", sagt LMU-Präsident Bernd Huber. "Aber bei der politischen Lage weiß keiner, was im Sommersemester passiert. Die Hochschulleitung ist für den Haushalt verantwortlich und kann solche Risiken nicht eingehen."

Die LMU als mit Abstand größte bayerische Hochschule nimmt etwa 30 Millionen Euro im Jahr aus Studienbeiträgen ein. Daraus bezahlt sie 384 Beschäftigte. Am Germanistik-Department zum Beispiel sind mindestens vier Mitarbeiter davon bedroht, bereits Ende März ihren Job zu verlieren. "Und wenn es tatsächlich so kommt, könnten zwei unserer Studiengänge, Deutsch als Fremdsprache und Didaktik Deutsch als Zweitsprache, im Sommersemester nicht mehr stattfinden", sagt Geschäftsführer Sven Hanuschek. Man suche nun intensiv nach alternativen Lösungen, um die Leute zu halten. Ob es klappt, ist offen.

Bei den Germanisten mit ihren 7500 Studenten ist die Bedeutung der Studiengebühren besonders hoch: Das Department verwaltet einen regulären Haushalt von 400.000 Euro, aus dem unter anderem Sachmittel, nicht aber das Stamm-Personal bezahlt wird. Hinzu kommen Einnahmen aus Studiengebühren in Höhe von 1,3 Millionen Euro, der Hauptteil davon geht für 19 zusätzliche Stellen drauf. Bis auf ein paar Ausnahmen sind diese Stellen befristet und laufen spätestens im nächsten Herbst aus.

LMU-Präsident Huber sagt, die Aussetzung von Vertragsverlängerungen und Neueinstellungen sei eine Vorsichtsmaßnahme. Wenn man endlich Gewissheit über die künftigen Einnahmen habe, "passen wir unsere Entscheidung schnell und flexibel an". Die Rücklage von 100 Millionen Euro, die Finanzminister Markus Söder (CSU) am Sonntag für den Fall der Abschaffung der Gebühren in Aussicht gestellt hatte, reicht Huber als Planungssicherheit nicht aus. "Das kann ich nur schwer einordnen. Bayernweit liegen die jährlichen Einnahmen bei 180 Millionen Euro. Da gibt es offensichtlich eine Diskrepanz." Am Dienstag verkündete Söder zwar plötzlich via Facebook, es seien nun 145 Millionen Euro für 2013/2014 in den Haushalt eingestellt. Aber auch das überzeugte Huber nicht, von seinem Kurs abzurücken.

Das Wissenschaftsministerium wollte das Vorgehen der LMU noch nicht kommentieren. Man habe von der Universität noch keine Informationen über den Stopp bei Personalentscheidungen bekommen.

Die Technische Universität (TU) sieht derzeit noch keinen Handlungsbedarf, die Ausgabe von Studiengebühren zu drosseln oder zurückzuhalten. Es sei zwar ein "schwieriges Spiel", sagt ein Sprecher. "Aber bei uns ist business as usual." Noch gebe es die Gebühren ja. "Wenn sie doch weiter bestehen, und wir haben keine Planungen für die Verwendung unserer Einnahmen gemacht, dann entstehen ja schnell wieder so genannte Restmittel." Wenn die Gebühren hingegen tatsächlich abgeschafft würden, "muss der Gesetzgeber sich schon überlegen, wie die Universitäten mit den Verpflichtungen umgehen".

Die von Söder versprochenen Gelder bewertet der Sprecher positiv. "Es ist hervorragend, dass der Staat in erste Planungen eintritt. Und es ist ja noch überhaupt nicht absehbar, ob das die finale Summe einer Kompensation ist." Dabei ist allerdings auch zu bedenken, dass die TU sich wegen ihrer traditionellen Nähe zur Industrie leichter tut, Drittmittel einzuwerben als die LMU mit ihrem starken geisteswissenschaftlichen Schwerpunkt. Deshalb ist die TU auch weniger abhängig von den Studiengebühren.

Auch an der Hochschule München, der früheren Fachhochschule, sieht man keinen Grund für eine Kurskorrektur. "Wir planen ganz bewusst weiter wie bisher", sagt eine Sprecherin. Man gebe das Geld ja sinnvoll aus und wisse nicht, wo man jetzt sparen sollte. "Und wir gehen davon aus, dass die Studienbeiträge auf jeden Fall noch im Sommersemester fließen." LMU-Chef Huber ist sich da nicht so sicher: "Wir sind in einer Phase, in der vieles passiert, was man vor ein einigen Tagen nicht gedacht hätte."

© SZ vom 14.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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