Ungewisse Zukunft:Lochbihler gibt Schranne ab - und will sie wieder

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Neues Kapitel in der Geschichte der Schrannenhalle: Lochbihler legt sein Amt nieder und erhöht so den Druck auf Stadtrat und Investorengesellschaft.

A. Becker

Jürgen Lochbihler hat sein Amt als Geschäftsführer der Münchner Schrannenhallen GmbH niedergelegt. Damit schlägt der "Pschorr"-Wirt ein neues Kapitel in der Geschichte der Schranne auf: Wie berichtet, will er selbst mit einer neuen Firma als Mieterin der Halle auftreten. Dass er nicht mehr für die Münchner Schrannenhallen GmbH agiert, erhöht den Druck auf Stadtrat, Insolvenzverwalter und Investorengesellschaft, entweder Lochbihler den Betrieb der Halle zu überlassen oder eine Nutzungsänderung zuzulassen.

Jürgen Lochbihler drängt in die Schrannenhalle - und will zwar die mit weniger Gastronomie reduzieren, aber immerhin mehr Kultur liefern als bislang. (Foto: Foto: ales)

Lochbihler, der auch Wirt des Pschorr ist, hat der SZ bestätigt, er habe den Geschäftsführer-Posten aufgegeben, um nicht in einen Interessenskonflikt zu geraten: "Ich kann nicht gleichzeitig Geschäftsführer der jetzigen Betreiberin sein und mich selbst als neuer Betreiber bewerben", sagt er. Lochbihler agiert dort mittlerweile auch als Marktteilnehmer. Er hat selbst einige Stände in der Halle, ist also Untermieter jener Firma, deren Geschäftsführer er bis vor kurzem war.

Drei Gründe nennt er für seine Neubewerbung: Als Marktteilnehmer habe er rund 450000 Euro in die Stände investiert. Geld, das er nicht verlieren wolle. Außerdem kenne niemand den Schrannenbetrieb besser als er. Und als Wirt des angrenzenden Pschorr könne er kein Interesse daran haben, dass die Halle leer stehe: "Deshalb habe ich ein Angebot mit einer eigenen Firma abgegeben."

"Mir rennen die Bewerber die Bude ein"

Doch seine Chancen für den Zuschlag stehen bislang nicht zum Besten. Zwangsverwalter Johannes Mauder hatte bereits mehrmals durchblicken lassen, er favorisiere Lochbihler nicht: "Ich will auf jeden Fall Alternativen zu Lochbihler haben. Er ist mit seinem ersten Nutzungskonzept gescheitert. Deshalb muss ich mir gut überlegen, ob ich ihn nochmal zum Zug kommen lasse."

Interessenten für die Halle gebe es genug, sagt Mauder: "Mir rennen die Bewerber, darunter auch viele Großgastronomen, die Bude ein." Bäckereien hätten sich gemeldet, das Gartencenter Dehner und die Nordsee GmbH, die offenbar von einer Fischhalle in der Stadt träumt - ähnlich wie in Hamburg. Einziges Problem: "Ich denke, dass 95 Prozent der Anbieter an den Nutzungsvorgaben der Stadt scheitern werden", befürchtet Mauder.

Wie bekannt, muss die Halle bislang in etwa zu je einem Drittel mit Gastronomie, Handel und Kulturveranstaltungen betrieben werden. Dieses Konzept hält Mauder aber für gescheitert und appelliert daher an die Stadt, die Vorgaben zu lockern. Denn: "Mit Kultur ist nun einmal kein Geld zu verdienen."

Neue Konzertkultur

Doch die Stadt denkt noch nicht groß über eine Nutzungsänderung nach: "Die Nutzung muss umgebungsverträglich sein und sollte den jetzigen Vorgaben so nahe wie möglich kommen", sagt Bürgermeisterin Christine Strobl. Das wiederum spräche für Lochbihler. Er will das Thema Kultur nicht aufgeben und ist überzeugt, Bedenken wegen Lärmschutzes und Befürchtungen, Konzerte könnten ein Verkehrschaos verursachen, zerstreuen zu können.

Wie berichtet, plant er, den Hallenbetrieb unter anderem mit 50 zusätzlichen Konzerten zu sanieren, für die, anders als bisher, Eintritt verlangt werden soll. Ein Großteil der Marktstände soll bleiben, nur die Gastrobetriebe will Lochbihler raus haben - weil sie zu viele Kosten verursachen: "Die Gastronomie wird ja ohnehin durch meinen Pschorr abgedeckt."

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Für die Halle will Lochbihler allerdings mit seiner neuen Firma nur mehr eine Umsatzpacht bezahlen - Mauder rechnet mit etwa einem Drittel der jetzigen Miete. Für den Zwangsverwalter zunächst schlecht, könnte er doch dann die Hauptgläubigerin, die Deutsche Bank London, nicht mehr im geforderten Umfang befriedigen. Allerdings fehlen ihm schon jetzt knapp 200.000 Euro in der Kasse, weil die Betreibergesellschaft die Miete gemindert hat.

Lochbihler will mit seiner neuen Firma für die Schrannenhalle nur mehr eine Umsatzpacht bezahlen - etwa ein Drittel der jetzigen Miete. (Foto: Foto: Heddergott)

Mauder hat bereits Zahlungsklage erhoben. Aus seiner Sicht besteht kein Minderungsgrund: "Die Minderung wurde damit begründet, dass die Umsätze in der Halle seit der Berichterstattung über die Zwangsverwaltung zurückgegangen seien - die Höhe der Miete errechnet sich aber auch aus den Einnahmen mit der Tiefgarage, und die läuft nach wie vor bestens", sagt Mauder. ´

Lochbihler kann er dafür allerdings nicht verantwortlich machen: Denn der hat das entsprechende Schreiben nicht unterzeichnet, sondern nur der umstrittene Vertreter des Erbpachtnehmers Schrannenhallen GmbH & Co. KG, Klaus Thannhuber, der bei der Betreiberin als Gesellschafter und, neben Lochbihler, auch als Geschäftsführer fungiert. "Ich gehe daher von erheblichen Differenzen zwischen Thannhuber und Lochbihler aus", mutmaßt Mauder.

Alle Beteiligten könnten von Lochbihlers Angebot profitieren

Auch Lochbihler sagt, mit Thannhubers Mietminderung nicht einverstanden zu sein. "Allerdings wird auch ihm nichts anderes übrig bleiben, als mich als neuen Mieter zu akzeptieren." Tatsächlich könnten alle Beteiligten - zumindest im Vergleich zum Jetzt-Zustand - von Lochbihlers Angebot profitieren.

Erstens: Thannhubers Schrannenhallen GmbH würde den kostenintensiven Hallenbetrieb abgeben, aber weiterhin die Einnahmen aus der Vermietung der Tiefgarage und des südlichen Kopfbaus kassieren, womit die Bank zufriedenzustellen wäre. Zweitens: Mauders Befürchtung, die jetzige Betreibergesellschaft steuere "in Richtung Insolvenz", verlöre an Nährboden. Denn Lochbihler will noch eine entscheidende Korrektur an seinem Angebot vornehmen: Bislang wollte er den neuen Mietvertrag, der alte läuft noch bis 2015, auf Ende 2009 verkürzt wissen, was ihm dann aber den Vorwurf einbrachte, sich eigentlich nur klammheimlich davonstehlen zu wollen, weil sein Konzept bis dahin gar nicht umzusetzen sei.

Nun fordert Lochbihler eine Vertragslaufzeit bis zu einer eventuellen Zwangsversteigerung - zu seiner eigenen Sicherheit, weil in diesem Fall sämtliche Mietverhältnisse neu verhandelt werden müssten: "Das wird jedoch länger dauern als bis Ende 2009, weil Thannhuber die Zwangsversteigerung vermeiden will und dagegen jedes Rechtsmittel einlegen wird, das es gibt", prophezeiht Lochbihler.

Thannhuber selbst äußert sich derzeit nicht. Er ist nicht zu erreichen. Allerdings brächte auch ihm diese Konstruktion einen entscheidenden Vorteil: Weil wieder Miete flösse, würde auch der Wert der Immobilie wieder steigen. Das letzte Wort wird jedoch der Stadtrat sprechen. Er müsste einem neuen Hallenbetreiber zustimmen. Also: Entweder für Lochbihler und dessen Konzerte - oder gegen die bisherigen Nutzungsvorgaben.

© SZ vom 25.11.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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