Überarbeiteter Budgetentwurf:"München zehrt von seiner Substanz"

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Wegen der Wirtschaftskrise rutscht der städtische Haushalt 2009 ins Minus. Der Kämmerer rechnet mit einem "dreistelligen Millionenbereich".

Jan Bielicki

Die Wirtschaftskrise wird die Stadt im nächsten Jahr voraussichtlich mehrere hundert Millionen Euro kosten. Die Folge: ein Defizit im städtischen Haushalt. Stadtkämmerer Ernst Wolowicz (SPD) rechnet für 2009 mit einem Budgetminus "im dreistelligen Millionenbereich". Er kündigte an, im Frühjahr ein Sparprogramm vorzulegen.

Wenn es in den Zentralen der Münchner Exportkonzerne (hier: das BMW-Hochhaus) nicht läuft, fehlen der Stadt Gewerbesteuern. (Foto: Foto: Heddergott)

Im Sommer noch hatte Wolowiczs erster Haushaltsentwurf für 2009 einen Überschuss von mehr als 300 Millionen Euro prognostiziert. Im Schlussabgleich des 5,2-Milliarden-Etats für 2009, den der Kämmerer am Dienstag vorstellte, ist dieser Überschuss auf gerade einmal zwei Millionen Euro geschrumpft. Und sogar diese Rechnung ist schon veraltet, räumt Wolowicz ein.

Denn der Stadtrat hat seither einige Entscheidungen getroffen, die Geld kosten und den Haushalt ins Minus bringen. Vor allem ist aber auch für den Kämmerer nicht abzusehen, wie stark die globale Wirtschaftskrise die Münchner Unternehmen trifft - und wie sehr in der Folge die Steuereinnahmen der Stadt sinken: "Wir wissen nicht, wo der Blitz einschlägt."

In der aktuellen Version des Haushaltsplans erwartet der Kämmerer daher deutlich geringere Steuereinnahmen als noch im Sommer. Rechnete die Kämmerei damals noch damit, 2009 ähnlich wie im laufenden Jahr fast 1,8 Milliarden aus der Gewerbesteuer zu erhalten, sollen es jetzt nur noch knapp 1,6 Milliarden werden. Und ob diese Prognose hält, ist für den Kämmerer keineswegs sicher: "Wenn wir Glück haben, kommt dieser Betrag zusammen. Wenn wir Pech haben, wird es schlechter oder gar weit schlechter aussehen."

Noch fließen die Gewerbesteuerzahlungen zwar ganz nach Plan in die Stadtkasse. "Wir werden 2008 auf mehr als 1,7 Milliarden Euro kommen", gibt sich Wolowicz sicher. Doch 2009 könnten etliche Unternehmen Steuervorauszahlungen wieder zurückfordern, wenn die Gewinne geringer ausfallen als erwartet. Versicherungen wie die Allianz und die Münchener Rück, die zu den größten Gewerbesteuerzahlern der Stadt gehören, haben mit der globalen Finanzkrise besonders zu kämpfen, ebenso wie Banken oder Unternehmen der in München besonders starken Exportindustrie wie Siemens oder BMW.

Trotz der zurückgehenden Steuereinnahmen hält Wolowicz weiter an seinem Ziel fest, auch im nächsten Jahr Schulden abzubauen. Tilgte die Stadtkasse im laufenden Jahr 600 Millionen Euro ihrer Schulden, sollen es 2009 weitere 250 Millionen sein. Auch die Investitionen will die Stadt trotz Krise auf hohem Niveau halten und dafür im nächsten Jahr rund 600 Millionen Euro ausgeben - etwa für den Ausbau des Mittleren Rings und der U-Bahn-Linie 3, für das Deutsche Theater und den Wohnungsbau, für Schulen, Krippen und Kindergärten.

Das ist möglich, weil es der Stadt immer noch vergleichsweise gutgeht. Nach überkommener Haushaltsrechnung, wie sie Bund, Land und viele Kommunen pflegen, wäre Münchens Haushalt sogar 2009 noch in den schwarzen Zahlen. Doch das Budget des nächsten Jahres rechnet erstmals nicht mehr nach den Regeln der Kameralistik, sondern nach den Gesetzen der kaufmännischen Buchführung.

Anders als in den Jahren zuvor enthält der Haushalt nun Abschreibungen, die den Wertverfall etwa von städtischen Gebäuden oder Rückstellungen zum Beispiel für künftig zu zahlende Pensionen der Stadtbeamten berücksichtigen sollen. Damit bilde der neue Haushalt die Finanzlage der Stadt "weit wahrheitsgetreuer" ab, als es Budgets früherer Jahre taten, verteidigt Wolowicz den Systemwechsel. "Die unangenehme Wahrheit heißt aber: München zehrt 2009 von seiner Substanz." Bereits im Frühjahr will Wolowicz darum dem Stadtrat ein weiteres Sparprogramm vorschlagen.

© SZ vom 10.12.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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