Typische Münchnerinnen:Mehr als nur Spatzl

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Zu den Schönheiten dieser Stadt gehören in erster Linie die Münchnerinnen - so sehen es zumindest viele Männer. (Foto: dpa)

Hotpants in der Au, feuerrotes Henna-Haar in Sendling, ein Hauch von Nichts in Schwabing: Zu den Schönheiten dieser Stadt gehören in erster Linie die Münchnerinnen - auch wenn vielen eine Fähigkeit fehlt.

Von Karl Forster

Wer sich Gedanken macht über Münchens schöne Mädchen und Frauen, landet zunächst bei einem Mann, dessen diesbezügliche Kenntnisse wohl weniger empirischer Natur waren als der Lust geschuldet, Schönheit mit wohlgesetzten Worte zu ehren. Thomas Mann hat in einem kleinen Nebensatz eben dies getan in seiner Erzählung "Gladius Dei", der ja auch das vielfach geschundene Zitat "München leuchtet" entstammt.

Hier skizziert er, quasi als Introduktion für eine dann doch emotional recht disparate Geschichte, in einem Nebensatz die schöne Münchnerin (als solche mindestens ebenso oft entstellt wie die leuchtende Stadt). Von "unbesorgten Gesellen" schreibt er, von Künstlern, die "ihren Mietzins mit Farbskizzen bezahlen". Sie "sehen den kleinen Mädchen nach, diesem hübschen, untersetzten Typus mit den brünetten Haarbandeaus, den etwas zu großen Füßen und den unbedenklichen Sitten".

Nun, die schöne Münchnerin muss nicht immer brünett sein, aber der Rest ist schon recht genau beobachtet. Wobei natürlich jegliche Schematisierung nicht nur einer schönen Münchnerin tausend Fehlerquellen in sich birgt. Und auch was die Unbedenklichkeit der Sitten angeht - heute würde der Autor wohl eher das Adjektiv bedenkenlos benützen, so ist heute wie zu Thomas Manns Münchner Ära natürlich der Zeitgeist Richter. Als weit später Uschi Obermaier flügge wurde in des Wortes tieferer Bedeutung, wären Thomas Manns Mädchen als Mauerblümchen verwelkt.

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Wer heute Besucher, egal ob aus Madrid oder Chicago, durch die Stadt führt, die dabei ihr München-Debüt erleben, erntet Lob ohne Ende; zuallererst für die Sauberkeit der Stadt, dann aber sofort auch für die Eleganz und Schönheit der Mädchen und Frauen - vielleicht mit der Einschränkung, dass, handelt es sich um ein Paar, solcher Art Preisung eher von der männlichen Seite kommt (seltsamerweise fällt der anderen weniger ein, was die Schönheit und Eleganz der Männer betrifft). Erst mit der Zeit kommen die München-Entdecker dahinter, dass die Schönheiten dieser Stadt, also Thomas Manns kleine Mädchen, sich in ihrer Schönheit und Eleganz je nach Stadtviertel recht deutlich unterscheiden. Wobei natürlich die Grenzen fließend sind.

Im heute so grellen Schwabing tragen junge Frauen unter dem grob Gehäkelten eher ein Nichts, in Sendling leuchtet das feuerrote Henna-Haar der Schönen, in der Au und Untergiesing könnten die Hotpants nicht kürzer sein, wobei oft ein sehr weites Shirt die Gedanken in Richtung Verführung lockt. In Grünwald, was ja gar nicht mehr zu München gehört und wo heute nur noch Fußballmillionäre wohnen, wurde bis in die Neunziger des letzten Jahrtausends noch vornehm transpiriert, wogegen die Schöne im Hasenbergl ganz normal schwitzte im Biergarten des Hinterhoftheaters an der Sudetendeutschestraße.

Heute heißt das Theater nicht mehr Theater, und das kleine Mädchen aus dem Hasenbergl ist erwachsen geworden und lebt in der Peripherie mit Mann, Hund und Kindern. Wie vielleicht die Hasenberglerin Uschi Buchfellner, die einst als eine der schönsten Münchnerinnen der Stadtgeschichte mit knapp 16 vom Playboy entdeckt wurde, dann ein recht böses Leben leben musste, das Herbert Riehl-Heyse so anrührend zu beschreiben wusste, hoffentlich all das wieder abstreifen konnte und heute irgendwo glücklich ist.

Murphys Gesetz sagt ja, die Summe des Unglücks sei konstant. Für München gilt das Gegenteil: Was seine Schönen betrifft, ist die Summe des Glücks eine Konstante. Man denke nur ein gutes Jahrhundert vor Uschi Buchfellner zurück an Lola Montez, die den Begriff der schönen Münchnerin als eine der ersten prägte. Sie hieß eigentlich Elizabeth Rosanna Gilbert und war eine Zuagroaste aus Irland, trieb König Ludwig I. den Verstand in die Hose und hängt zweifellos zu Recht in der Schönheitengalerie von Schloss Nymphenburg. Damals waren die Münchner vielleicht ein bisserl böse auf sie, heute aber wird ihre Geschichte mit Stolz erzählt.

Es waren wohl Standesgründe, die verhinderten, dass Coletta Möritz dort ebenfalls ihren Platz fand. Sie hätte all die adligen oder sonst irgendwie vornehmen Damen blass aussehen lassen. Friedrich August von Kaulbach hatte die hübsche Kellnerin vom Sterneckerbräu gemalt, dem fröhlichen Mäderl noch eine kesse Schützenscheibe als Kopfbedeckung aufgesetzt und so die damals lebende Legende "Schützenliesl" geschaffen.

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Gräbt man weiter in der Historie, kommt man um Fanny zu Reventlow gar nicht herum. Sie war zwar weit weniger klassisch schön als die Schützenliesl, dafür umgab sie jene Aura von dezentem Ruch und (damals) übergebührlich guter Bildung, die die Männer rasend machte; was in der damaligen Bohemien-Szene zu ähnlichen Situationen geführt hatte, wie ein paar Generationen später sie Uschi Obermaier heraufzubeschwören verstand. Deren beide Lover Mick Jagger und Keith Richards wurden beziehungsweise werden in diesem Jahr 70, womit wir also wieder in der Gegenwart angelangt wären.

Zumindest fast. Denn ein kurzer Stopp muss sein, schließlich werden derzeit gerade die wunderbaren Folgen der wunderbaren Dietl-Serie "Monaco Franze" mit dem wunderbaren Helmut Fischer im Bayerischen Fernsehen wiederholt. Und egal, mit wem der Monaco da rummacht, ob mit Gisela Schneeberger, Michaela May oder Olivia Pascal (bürgerlich Gerlitzki), sie alle sind Münchnerinnen schönster Prägung. Wogegen bei Baby Schimmerlos dann doch Münchnerinnen über den Schirm flimmerten, deren Schrillheit Gott sei Dank längst verklungen ist.

Und heute? So viel an Schönheit war noch nie. Das mag zum einen daran liegen, dass äußere Schönheit aus diversen Gründen länger dauert, was allerdings kein Privileg des weiblichen Geschlechts ist. Diesem aber erwuchs in den Dekaden ein ganz phantastisches Selbstbewusstsein, was, wie jeder Psychologe bestätigen würde, sich auch auf Schönheit und Ausstrahlung positiv auswirkt. Vielleicht liegt es daran, dass man im Emanzipationskampf der EmmaÄra viele kleine Siege erstritten hatte, die in ihrer Summe zu dem Bewusstsein führten, sich nichts zu vergeben, wenn man sich wieder in den Mantel helfen lässt.

Und wie steht es mit den "unbedenklichen Sitten"? Uschi Obermaier hätte es heute ebenso schwer wie Lola Montez. Die junge Münchnerin ist sehr oft sehr fest gebunden. Sie nimmt Beziehungen sehr ernst, selbst in Studentenkreisen überwiegen unzerstörbare Zweierbeziehungen. Die Tendenz zur Monogamie ist unübersehbar. Promiskuität? One Night Stand? Freie Liebe? Warum nicht, doch dann bestimmt sie mit über das Wann, Wo, Wie.

Eines aber unterscheidet die schöne Münchnerin von der vergangener Zeiten: Sie spricht (wie die meisten jungen Münchner) kaum mehr Münchnerisch.

© SZ vom 01.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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