TSV Erding:Das volle Förderprogramm

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In Boston sind Talentspäher im vergangenen Sommer auf die Erdingerin aufmerksam geworden. (Foto: privat)

Die 17-jährige Eishockeyspielerin Tabea Botthof trainiert in der A-Nationalmannschaft und will in den USA Fuß fassen.

Von Max Ferstl, Erding

Korbinian Holzer fällt es schwer, sich klein zu machen. Physisch wäre das auch ziemlich kompliziert, seine Statur ähnelt der eines Schranks: hoch und breit. Im Eishockey ist das kein Nachteil, Holzer verteidigt in der besten Liga der Welt, der NHL, für die Anaheim Ducks. Er weiß also, wie man sich in Nordamerika behauptet: Als ausländischer Spieler dürfe man sich "nix gfoin lassen", erklärt Holzer in seinem gepflegten Bayerisch: "Wer sich klein macht, hat schon verloren."

Diesen Rat hat Holzer nun am Mittwochabend Tabea Botthof mitgegeben, zusammen mit einem SZ-Förderpreis. Im März hatte es Botthof, 17, zur Eishockey-Weltmeisterschaft nach Plymouth/USA geschafft. Die damals 16-Jährige war die jüngste Spielerin der deutschen Mannschaft, die am Ende einen historischen vierten Platz belegte.

Auf dem Eis ist die Erdingerin also bisher nicht als jemand aufgefallen, der sich klein macht. Schwieriger ist da schon, sich auf eine große Bühne zu stellen und vor vielen Menschen Fragen beantworten zu müssen. Ein wenig nervös sei sie, gab Botthof bei der Preisverleihung zu. Doch die 17-Jährige hat ja noch ausreichend Zeit, sich auch beim Entgegennehmen von Auszeichnungen eine gewisse Routine anzueignen. Vor allem, wenn sie Ähnliches schafft wie Korbinian Holzer. Auch Botthof will versuchen, in der harten amerikanischen Eishockey-Szene Fuß zu fassen. Ein bisschen ist ihr das im vergangenen Sommer bereits gelungen: Botthof hatte damals an einem Nachwuchsturnier in Boston teilgenommen und so gut gespielt, dass die Talentspäher aufmerksam wurden. Die sehr angesehene Universität Yale meldete sich. "Es gibt eine vorläufige mündliche Vereinbarung", sagt Mutter Beate Botthof, aber: "alles unter Vorbehalt".

Erst mal wird Botthof ab September ein Jahr an der Kent School, einer Privatschule in Connecticut, verbringen - das fordert die Uni. Sie will vor allem ihr Englisch aufpolieren und, natürlich, eine Menge Eishockey spielen. Botthof tritt gleich für zwei Teams an, erzählt Beate Botthof: ein Nachwuchsteam und die Mannschaft der Kent School. Wobei die Bezeichnung "Nachwuchsteam" ein wenig irreführend ist: Das Niveau im amerikanischen Collegesport ist hoch. Schulen und Universitäten treten in eigenen Ligen gegeneinander an, junge Spielerinnen konkurrieren um begehrte Stipendien. So gesehen hat die 17-Jährige einen kleinen Vorteil, glaubt Mutter Beate: "Sie muss sich keinen Druck machen, sondern kann schauen, ob es ihr gefällt." Wie es nach dem Jahr in Connecticut weitergeht, sei "völlig offen", sagt Tabea Botthof. Der Berufswunsch habe sich zuletzt mehrfach geändert und sich gerade bei "Ärztin" eingependelt.

Am Donnerstag hat Botthof die vergleichsweise kurze Reise nach Füssen angetreten. Bis Sonntag findet dort ein Lehrgang der deutschen U18-Auswahl statt. Nächsten Mittwoch trifft sich dann die A-Nationalmannschaft. Botthof wird mit beiden trainieren. "Sie bekommt das volle Förderprogramm", sagt Bundestrainer Benjamin Hinterstocker. Er findet, Botthof sei "für ihr Alter sehr weit". Beim DEB gilt die Verteidigerin als gute Allrounderin. Sie gleitet flink über das Eis, verfügt über einen harten Schuss, einen soliden Spielaufbau und technische Finesse. 2016 durfte sie als einzige deutsche Spielerin zu den Olympischen Jugend-Winterspielen nach Lillehammer reisen. Sie trat in der sogenannten Skills Challenge an, bei der es um Technik und Schnelligkeit geht. Ein Wettbewerb, für den der kantige Holzer eher nicht nominiert werden dürfte. Aber Botthof habe nun mal "eine breite Ausbildung" genossen, findet Hinterstocker.

Das Kompliment darf der TSV Erding für sich beanspruchen. Dort hat Botthof die Grundlagen gelernt, aus diesem Grund geht die Fördersumme von 1 500 Euro an den TSV. Zuletzt spielte Botthof dann für den ESC Planegg-Würmtal, den Serienmeister im Frauen-Eishockey. Nun also der nächste Schritt. Der Bundestrainer ist vorsichtig, was Prognosen betrifft. Er sagt: "Sie wird ihren Weg im Sport machen." Wo, das könne man in dem jungen Alter nicht seriös vorhersagen.

Der DEB wird sein Talent in den USA jedenfalls nicht aus den Augen verlieren. Botthof ist ja nicht die erste, die den Sprung wagt. Nationalmannschafts-Kollegin Marie Delarbre, 23, spielt zum Beispiel für das Merrimack College in Massachusetts. "Das ist überhaupt kein Problem. Man kann die meisten Spiele im Internet per Video-Stream verfolgen", sagt Hinterstocker. Er wird also genau sehen, ob sich Botthof klein macht oder sich behauptet, sich also nichts gefallen lässt.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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