Truderinger Jugendtreff:Der Name ist Programm

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Der Kinder- und Jugendtreff "frei.raum" an der Feldbergstraße hat sich in den 50 Jahren seines Bestehens ständig gewandelt. Während es seinerzeit Alkohol gab, setzt das Team heute lieber auf Sport und gesundes Essen

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

Sophia ist acht Jahre alt und ein echter Fan des Kinder- und Jugendtreffs an der Feldbergstraße. Sie denkt kurz nach - und staunt: "Der Treff ist ja sogar 42 Jahre älter als ich." Und der runde, der 50. Geburtstag wird in zwei Etappen gefeiert: Bereits im Sommer stieg ein großes Fest im schönen Garten - für diesen Freitag, 21. Oktober, hat Leiter Christian Lorenz von 18.30 Uhr an zum offiziellen Teil Vertreter des Kreisjugendrings als Träger, Politiker, Nachbarn, Freunde des Hauses und vor allem ehemalige Nutzer und Teammitglieder eingeladen.

Die werden sich viel zu erzählen haben, denn als vor 50 Jahren am 22. November 1966 der damalige Stadtschulrat Anton Fingerle das anfangs noch viel kleinere Haus einweihte, war doch manches anders. Das Haus hieß Freizeitheim, liebevoll "Freizi" genannt. Den neuen Namen Freiraum, den sie bewusst in Kleinbuchstaben und mit einem Punkt in der Mitte "frei.raum" schreiben, haben Besucher gefunden. "Freizi - das Wort hatte so einen Gammel-Charakter", findet Lorenz. Der neue Name sei einfach, klar und repräsentiere die Philosophie des Hauses: "Da steckt viel Überlegung drin."

1966 mussten die Besucher auch noch den Boden schonen und ihre Hausschuhe mitbringen. Heute sind Turnschuhe wichtig, denn Markenzeichen des Treffs sind die 2005 angebaute Turnhalle, die Fitnessgeräte, das Beachvolleyballfeld und die Boulderwand. Zahlreiche Trophäen an der Bar zeugen von Erfolgen. Der Sport als Ausgleich steht als "Alternative zu dem ganzen Multimedia-Wahn" im Vordergrund: Ein paar Mädchen schlagen Räder und balancieren in der Halle zu ohrenbetäubend-hipper Musik, dafür sind die PC-Plätze aber alle verwaist. In den Anfangsjahren galt Werken noch als wichtig, es gab sogar einen Werklehrer. Vor allem die Mädchen basteln zwar immer noch gerne, jetzt bemalen sie kleine Kürbisse und auch die Raumfahrt-Legolandschaft im Aquarium, in dem ein Wels am Jupiter schaukelt, zeugt von Kreativität. Der einstige Werkraum aber ist längst zum Lager geworden, Töpfern und Laubsägearbeiten sind mittlerweile definitiv out.

In den späten Sechzigerjahren waren Rockbands echte Publikumsmagnete, bei Partys musste wegen Überfüllung geschlossen werden. Der Ruf litt, denn es kam auch zu Handgreiflichkeiten, was in der Ära Lorenz seit 2008 nur ein einziges Mal passierte. Dass an die Älteren auch Alkohol ausgeschenkt wurde, war in den Siebzigerjahren durchaus normal, heute ist die Jugend auch alkoholfrei "gut drauf": So lautet das Zertifikat, das den Freiraum für gesunde und ausgewogene Ernährung würdigt. Niemand kann sein Taschengeld in Fastfood und Süßkram investieren, dafür gibt es für die Mittagskinder eine Köchin und nachmittags kostenlos Obst. Für Christian Lorenz, der in den umliegenden Geschäften um Sponsorengelder wirbt, ist das auch gelebte Chancengleichheit.

Der Chef des motivierten jungen Teams, das auch noch einen Bauwagen beim Gymnasium bespielt und in das die Schulsozialarbeiter der Feldbergschule integriert sind, sieht die Zukunft des Freiraums in einer Öffnung für noch mehr Zielgruppen. Lorenz will ein Haus, in dem sich Mittelschüler und Gymnasiasten, Jung und Alt wohlfühlen. Seine gut gepflegten Räume - der Filz des Billardtisches ist so rosa wie die dahinterliegende Wand - werden auch für Kurse, Elternabende oder Geburtstage genutzt. Das wiederum generiert Einnahmen für Projekte wie einen Graffiti-Workshop.

Lina, Greta und Magdalena, alle zehn Jahre alt, höhlen einen Kürbis aus und quatschen über den Freiraum: Hier sei es cool, weil man viel machen kann, weil man sich "nicht überwacht" fühlt. Dann fällt Lina noch was ein: "Hier arbeiten sehr nette Leute." Pädagogin Romy Metzner strahlt. Und als Sophia abgeholt wird, möchte ihre Mutter Sabine Markl gern auch noch spontan Lob beisteuern: "Ich bin total begeistert, hier ist es einfach super."

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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