Tourismus in München:Gäste dringend gesucht

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Soll die Stadt eine eigene Bettensteuer einführen dürfen? (Foto: Alessandra Schellnegger)

Droht der Tourismusbranche in München ein Preiskampf? In den kommenden drei Jahren entstehen 8700 neue Betten. Zugleich fürchten Hoteliers, dass die Qualität darunter leidet.

Von Andreas Schubert

Droht der Hotelbranche in München ein Preiskampf? Innegrit Volkhardt, Chefin des Hotels Bayerischer Hof, beobachtet das stetige Wachstum in der Hotellerie mit gemischten Gefühlen. Sie fürchtet, dass die derzeit bei knapp 58 Prozent liegende Auslastung der Betten in Zukunft sinken könnte, wenn nicht gleichzeitig mehr Gäste in die Stadt kommen. Die Konsequenz könnte sein, glaubt Volkhardt, dass die Hoteliers Gäste mit billigeren Preisen zu locken versuchen, ihnen dadurch aber Einnahmen verloren gingen. Dann fehle unter anderem das nötige Geld für Investitionen, mit der Folge, dass die Qualität darunter leiden könnte.

So manche Entwicklung in der Stadt sieht Innegrit Volkhardt als vertane Chance. Da wären etwa die Bürgerentscheide, die die Olympiabewerbung für die Winterspiele 2022 und die dritte Startbahn am Flughafen erfolgreich stoppten. Beides wären aus Sicht der Hotelchefin Projekte gewesen, die der Wirtschaft Münchens und somit auch der Hotelbranche zugute gekommen wären. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung, den Gasteig zum alleinigen Konzertsaal für die beiden großen Orchester der Stadt umzubauen. Wenn der Gasteig nur noch für Konzerte genutzt würde, fehle nicht nur ein wichtiger Raum für Kongresse. Ein zweiter Konzertsaal brächte auch kulturelles Wachstum, was für München wichtig wäre.

Derzeit sieht es noch so aus: Die Hotelbranche in München wächst und wächst. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Betten in der Stadt stetig gestiegen. Und es sind weitere Hotels in Planung. Auf der jüngsten Mitgliederversammlung des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im November hatte dessen Vorsitzender für München, Conrad Mayer, Zahlen präsentiert, die das Wachstum belegen. Mehr als 61 000 Betten in 401 Hotels zählte der Verband Ende September 2014 in München. Zählt man die Betten im Landkreis dazu, sind es mehr als 75 000, zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es insgesamt nur 52 000 Betten.

Was die Hoteliers befürchten

Laut Dehoga sind in den nächsten drei Jahren 20 neue Hotelprojekte geplant, das entspricht zirka 8700 neuen Betten. Und nimmt man das weltweite Wachstum im Tourismus von bis zu fünf Prozent, gäbe es dafür auch einen Markt. Doch Innegrit Volkhardt betont, München müsse aufpassen, den Anschluss nicht zu verlieren. Auch Dehoga-Chef Mayer, Betreiber des Conrad-Hotels, sagt, München sei zwar auf einem guten Weg, beispielsweise bei der Präsentation durch das Tourismusamt. Aber er wünscht sich, dass die Vielfalt der Stadt noch deutlicher hervorgehoben wird. "München ist mehr als Oktoberfest und Bier", sagt Mayer. Auch er ist sich nicht sicher, ob das Wachstum in der Tourismusbranche ungebremst weitergeht.

Derzeit profitiere das Hotel- und Gaststättengewerbe noch vom schwachen Euro, weil wegen des günstigen Wechselkurses viele Amerikaner nach Deutschland kämen. Trotzdem sehe er es mit Skepsis, wenn zum Beispiel in Wohngebieten oder Stadtrandlagen immer neue Hotels aus dem Boden gestampft würden. "Man fragt sich halt, was will ein Gast da?", sagt Mayer.

Münchens Zweiter Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid äußert sich dazu optimistischer. "Ein breites Angebot an attraktiven und hochwertigen Hotels in allen Segmenten ist die Visitenkarte einer Tourismusmetropole wie München", sagt er. "Ich sehe hier keinen mit anderen Großstädten vergleichbaren Bettenboom. Das Angebot an Hotelbetten entwickle sich seit Jahren in einem moderaten Verhältnis zu den Steigerungsraten bei den Ankünften und Übernachtungen. "Unsere neue Tourismusstrategie, die einen Schwerpunkt auf Kultur, Kreativität und Teilhabe legt, sieht außerdem vor, verstärkt auch die buchungsschwächeren Monate zu bewerben und so eine zusätzliche Bettenauslastung zu erzeugen." Als florierendes Wirtschaftszentrum stelle München auch ausreichend Kapazitäten für Messen, Kongresse und Großveranstaltungen zur Verfügung.

© SZ vom 08.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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