Tod des Polizeipräsidenten Manfred Schreiber:Ein Visionär und Vorreiter

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Manfred Schreiber ist in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 89 Jahren gestorben. (Foto: Polizei)
  • Der frühere Münchner Polizeipräsident Manfred Schreiber ist im Alter von 89 Jahren gestorben.
  • Von 1963 bis 1983 leitete er die Münchner Polizei. Sowohl die Olympischen Spiele als auch das Oktoberfestattentat fielen in seine Amtszeit.

Ein Nachruf von Martin Bernstein, München

Der frühere Münchner Polizeipräsident Manfred Schreiber ist in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 89 Jahren gestorben. Der gebürtige Hofer leitete die Münchner Polizei von 1963 bis 1983. Über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt wurde Schreiber als Miterfinder der "Münchner Linie" und als Mitglied im Krisenstab während der Olympia-Geiselnahme 1972. Auch das Oktoberfest-Attentat vom 26. September 1980, dessen Hintergründe derzeit neu aufgerollt werden, fiel in Schreibers Amtszeit. Polizeipräsident Hubertus Andrä würdigte Schreiber am Donnerstag als "Visionär und Vorreiter". Schreiber habe die Münchner Polizei über zwei Jahrzehnte geprägt.

Schreiber, bis dahin Kripo-Chef in München, übernahm das Amt des Polizeipräsidenten nach den Schwabinger Krawallen. Er führte erstmals einen Psychologischen Dienst bei der Polizei ein. Die von ihm konzipierte Münchner Linie präge polizeiliches Handeln noch heute, heißt es in einer Würdigung des Präsidiums zum Tod Schreibers: "Deeskalation, Kommunikation und Verhältnismäßigkeit stehen im Vordergrund bei einem immer konsequenten Einschreiten." Wie diese Linie erstmals gegenüber als Radaumacher verdächtigen Musikfans bei einem Konzert der Rolling Stones im Jahr 1965 umgesetzt wurde, beschrieb Schreiber damals selbst so: "Unsere Beamten gingen dann freundlich und väterlich zu diesen Gruppen und brachten sie mit kollegialem Auf-die-Schulter-Klopfen wieder zur Vernunft." Auf Schreiber geht auch die Einführung von Jugendbeamten bei der Münchner Polizei zurück.

Schreiber war der Ordnungsbeauftragte der Olympischen Spiele 1972

Vor gut zwei Jahren, zum 40. Jahrestag der blutig beendeten Geiselnahme während der Olympischen Spiele, äußerte sich Schreiber noch einmal in der Öffentlichkeit zu seiner damaligen Rolle. Am 1. Mai 1970 war Schreiber vom Organisationskomitee der Spiele zum Ordnungsbeauftragten bestellt worden. Unter seiner Leitung kamen in den beiden Jahren darauf immer wieder Männer von Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Polizei und anderen Sicherheitsbehörden zusammen, um mögliche Störungen während der Spiele zu besprechen, es gab sogar eine "Arbeitsgruppe Anarchisten/Terroristen". Man war also keineswegs unvorbereitet. Die politische Vorgabe jedoch, so Schreiber 2012 im Rückblick, sei die der "heiteren Spiele" gewesen: "Keine Zäune, kein Stacheldraht, keine Waffen: Das war alles dem Idol der friedlichen Spiele geopfert. Daume, Vogel und ich - wir wollten uns abheben von Berlin 1936."

Bis 1988 leitete das frühere SPD-Mitglied Schreiber als Ministerialdirigent die Abteilung Polizei im damals CSU-geführten Bundesinnenministerium. Von 1985 an lehrte er als Honorarprofessor für Kriminologie in München.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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