Thema des Tages:Von Minimaleingriffen bis hin zu Fahrverboten

Lesezeit: 2 min

Polizisten kontrollieren auf der Stresemannstraße in Hamburg einen Lastwagenfahrer, ob er das Dieselfahrverbot einhält. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Auch anderswo werden Grenzwerte überschritten - wie Hamburg, Stuttgart und Frankfurt das Problem lösen wollen

Hamburg

Die Hansestadt Hamburg hatte im Frühjahr einen deutschlandweiten Publikumserfolg mit ihren Bemühungen um bessere Luft. Die rot-grüne Stadtstaatregierung führe das erste Dieselfahrverbot ein, hieß es. Tatsächlich sind seit 31. Mai zwei viel befahrene Straßenabschnitte im dicht bebauten Altonaer Wohngebiet für Dieselfahrzeuge gesperrt, die unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6 liegen. Aber Umleitungen sind ausgeschildert, und die Sperre an der Stresemannstraße gilt ohnehin nur für Lkw. Unbrauchbar werden Dieselfahrzeuge durch diese Verordnung nicht, was zu dem Wahlversprechen der SPD von Bürgermeister Peter Tschentscher passt, dass es unter ihr keine Fahrverbote geben werde. "Durchfahrtsbeschränkung" heißt die Maßnahme offiziell, mit der die Stadt die Stickstoffbelastung so umverteilen will, dass die Messstationen an besagten Streckenabschnitten nicht mehr über den vorgeschriebenen Grenzwerten liegen. Der meistbeachtete Punkt im Luftreinhalteplan des grünen Umweltsenators Jens Kerstan ist also ein schwer zu kontrollierender Minimaleingriff in den Autoverkehr. Andere Vorhaben des Plans, Ausbau von Radwegen und des öffentlichen Nahverkehrs, klingen nach mehr Nachhaltigkeit.

Stuttgart

Noch härter als in Hamburg trifft es die Dieselfahrer vom 1. Januar 2019 an in Stuttgart. Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg hat sich darauf geeinigt, Autos mit den Abgasnormen 4 und älter nicht nur von einzelnen Straßen, sondern aus dem gesamten Stadtgebiet zu verbannen. 188 000 Fahrzeuge im Großraum wären davon betroffen, Ausnahmen gibt es für Handwerker und Lieferfahrzeuge. Jüngere Dieselautos bleiben zwar zunächst vom Verbot verschont, sie könnten aber im Jahr 2020 ebenfalls ausgesperrt werden, wenn andere Maßnahmen wie die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs oder der Elektromobilität nicht ausreichen, um die Schadstoffbelastung zu senken. Wegen der überlasteten Straßen und der Kessellage der Innenstadt werden die gesetzlichen Grenzwerte von Stickstoffoxiden in Stuttgart deutlich überschritten. Ob das Verwaltungsgericht den Luftreinhalteplan in dieser Form für ausreichend hält, ist noch nicht entschieden - falls nicht, droht ein Zwangsgeld.

Frankfurt

In der Diskussion um Dieselfahrverbote war es in Frankfurt lange ziemlich still. Das wird sich bald ändern: Am 5. September soll sich das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit einer von vier Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Hessen beschäftigen. Der Verein hat deutschlandweit überall dort geklagt, wo im Jahr 2016 der Mittelwert von Stickstoffdioxid höher als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft lag, also zehn Mikrogramm über dem Grenzwert. In Hessen war das in Wiesbaden, Darmstadt, Offenbach und Frankfurt der Fall. Die Klage wegen zu schlechter Luft in Frankfurt wird zuerst verhandelt. Zwar gibt es überdurchschnittlich viele Dieselfahrzeuge mit Frankfurter Kennzeichen; nach Daten aus dem Frühjahr lag der Anteil der Selbstzünder bei 43 Prozent. Die Luftqualität ist aber trotz des sehr regen Pendelverkehrs weit weniger schlecht als etwa in den Großstädten München oder Hamburg.

Die Stadtverwaltung arbeitet dennoch an Maßnahmen, um Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge zu verhindern: Eine höhere Taktzahl von S- und U-Bahnen sowie Bussen soll den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen. Mit der Zeit sollen alte Dieselbusse durch mehr Elektrofahrzeuge und solche mit Brennstoffzellenantrieb ersetzt werden. Die Maßnahmen greifen: Die Stickoxidbelastung lag 2017 bereits um fast zehn Prozent niedriger als im Vorjahr.

© SZ vom 21.07.2018 / tho, mah, jawi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: