Technik-Oscar:Echte Leuchten

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Korkenknallen in der Türkenstraße bei Arri: Drei Mitarbeiter der Münchner Filmfirma bekommen den Technik-Oscar für den stärksten HMI-Scheinwerfer der Welt.

Wolfgang Görl

Mag sein, dass bei Arri in der Türkenstraße die Champagnerkorken geknallt haben, denkbar wäre aber auch, dass man die gute Nachricht aus Los Angeles mit einer Mischung aus Routine und Gelassenheit zur Kenntnis genommen hat. Wie auch immer: Das Münchner Filmunternehmen bekommt einen Technik-Oscar - zum 14. Mal, also fast schon per Gewohnheitsrecht. Diesmal erhalten Erwin Melzner, Volker Schumacher und Timo Müller die Auszeichnung, die offiziell "Scientific and Engineering Award" heißt. Die "Academy of Motion Picture Art and Sciences" ehrt die drei Arri-Produktmanager für die Entwicklung des Scheinwerfers "Arrimax 18/12".

Der Superscheinwerfer aus dem Hause Arri, mit dem auch das Set für den Film "Mission Impossible" ausgeleuchtet wurde. (Foto: Foto: arri)

Zur Begründung schreibt die Filmakademie unter anderem, die 18000-Watt-Leuchte liefere eine "unübertroffene Lichtqualität". Arri zufolge handelt es sich bei der Arrimax 18/12 um den "stärksten HMI-Scheinwerfer der Welt". Die weitere technische Beschreibung ist vor allem etwas für Kenner: Die "schier unglaubliche Beleuchtungsstärke" wurde möglich "durch den Einsatz eines facettierten Reflektors mit beeindruckenden 580 Millimetern Durchmesser in Verbindung mit einem Open-Face-Aufbau, der Vorsatzlinsen überflüssig macht".

Der Arrimax 18/12 illuminierte beispielsweise die Szenerie, als man im nächtlichen Berlin auf dem Platz der Vereinten Nationen eine Szene für den Film "The Bourne Ultimatum" drehte, und der Superscheinwerfer versah auch bei Filmen wie "I am Legend" oder "Mission Impossible III" gute Dienste.

Maßgeblich für die Entwicklung der magischen Leuchte ist zum einen Erwin Melzer. Dieser ist Entwicklungsleiter bei Arri Lichttechnik und gesamtverantwortlich für das Konzept des Arrimax. Er darf sich nun ebenso über den Technik-Oscar freuen wie sein Kollege Volker Schumacher, der für die Entwicklung des optischen Reflektordesigns verantwortlich ist. Timo Müller, der dritte Preisträger, hat sich um das mechanische Design und die Felderprobung des Arrimax 18/12 verdient gemacht.

Begnadete Tüftler

Die Arri Gruppe gilt als der größte Hersteller und Lieferant von professionellen Filmkameras, Digital-Intermediate-Systemen und Licht-Equipment. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 1200 Mitarbeiter, davon allein 600 in Deutschland. Angefangen hat die Erfolgsgeschichte am 12.September 1917, als die Schulfreunde August Arnold (1898-1983) und Robert Richter (1899-1972) eine ehemalige Schusterwerkstatt in der Türkenstraße 89 mieteten. Die beiden waren begnadete Tüftler, die sich für die junge Filmkunst, vor allem aber für die Kameratechnik interessierten.

Bereits 1916 hatten sie ihre erste Kopiermaschine entwickelt. Zu den ersten Filmen, die aus ihrer Werkstatt kamen, zählten "Isarwestern" mit martialischen Titeln wie "Die Rache im Goldtal", "Der schwarze Jack" oder "Der Todescowboy" - gedreht mit einer Stativkamera im oberbayerischen Harthausen und natürlich ohne Ton.

Richtig in Schwung kam das Unternehmen der beiden Filmpioniere im Jahr 1937. Damals kam man mit einer bahnbrechenden Neuerung auf den Markt, der man den programmatischen Namen "Arriflex35" gab. Es handelte sich um eine Spiegelreflexkamera, die es dem Kameramann erstmals ermöglichte, während der Aufnahme ein Realbild des Gedrehten zu erhalten. Entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Arriflex35 hatte der Chefkonstrukteur Erich Kurt Kästner. 45 Jahre später, also 1982, erhielt Arri für diese revolutionäre Erfindung eine Oscar-Statue.

High-Tech für Kriegsberichterstatter

Im Zweiten Weltkrieg diente die robuste Arriflex den Kriegsberichterstattern der Wehrmacht. Nach 1945 konnte die Firma mit neuen Modellen von 16-, 35 und 70-Millimeter-Kameras auch auf dem US-Markt Fuß fassen. Mittlerweile hat das Unternehmen Niederlassungen in Großbritannien, Italien und Österreich sowie in den USA, Kanada, Australien und in asiatischen Ländern. Ein einziges der Hightech-Geräte, mit denen Filme wie "Der Herr der Ringe" gedreht wurden, kostet bis zu 500000 Euro.

Wer die Münchner Preisträger bei der großen Oscar-Show am 22.Februar in Hollywood sehen möchte, wird vergeblich vor dem Bildschirm warten. Die Technik-Oscars werden früher vergeben, und zwar am 7. Februar bei einem Gala-Dinner in Beverly Hills.

© SZ vom 10.01.2009/agfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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