Technik-Camp:Keine Scheu vor Maschinen

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Fräsen, Löten und Drehen: Zehn Mädchen opfern eine Woche ihrer Herbstferien, um beim Technik-Camp der Stadtwerke Berufe kennenzulernen, die auch heute noch meist eine Domäne der Männer sind

Von Christina Koormann, München

Was muss ein Industriemechaniker leisten, was hat der Elektriker oder der Mechatroniker zu tun? Wie funktionieren Fräsen, Löten und Drehen? Und wie baut man ein Windrad? Zehn Mädchen aus München und der Region erhalten in dieser Woche beim "Mädchen-für-Technik-Camp" in der Praxis Antworten auf diese und andere Fragen, sie informieren sich detailliert über technische Ausbildungsberufe bei den Stadtwerken München.

Dafür opfern sie eine ganze Woche ihrer Herbstferien - können aber dabei viel lernen und sich vielleicht sogar für einen zukünftigen Ausbildungsberuf begeistern. "Ich wollte unbedingt kommen", sagt die 13-jährige Laura, die in der Schule von dem Camp erfahren hat. "Technik interessiert mich total und ich finde es ganz spannend, was wir hier machen." Auch Pamela, die im Internet auf das Technik-Camp gestoßen ist, freut sich, dabei zu sein: "Es gibt viel zu sehen, es gefällt mir hier." Innerhalb einer Woche bauen die zwölf- bis 14-jährigen Mädchen ein eigenes Windrad und erfahren dabei, welche technischen Vorgänge dahinterstecken. "Am ersten Tag des Camps haben wir mit einem Computerprogramm eine 3-D-Zeichnung vom Windrad gemacht", erklärt die zwölfjährige Franziska aus Olching, "dann haben wir die Daten und Koordinaten für die Fräsmaschine programmiert, und heute fräst die Maschine das Loch in die Standplatten des Windrads, in die wir dann morgen die Elektrik einbauen".

In der lauten Werkhalle im Ausbildungszentrum der Stadtwerke an der Hans-Preißinger-Straße in Thalkirchen sind die Mädchen fleißig bei der Sache und bekommen von Auszubildenden und Betreuern Unterstützung. "Ich habe damals durch verschiedene Praktika gemerkt, dass ich handwerklich begabt bin", sagt Sophie Auraß, die im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Industriemechanikerin ist und jetzt den Mädchen beim Fräsen hilft. "Eine klare Orientierung für mich war der Tag der Ausbildung bei den SWM. Wenn Mädchen technikinteressiert sind und gerne handwerklich arbeiten, kann ich ihnen den Beruf definitiv empfehlen."

So geht's: Beim Technik-Camp im Ausbildungszentrum der Stadtwerke München probieren die Mädchen selber aus, was angeblich nur Männer gerne tun. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Camp ist ein Angebot des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft (bbw) und Teil der Bildungsinitiative "Technik - Zukunft in Bayern 4.0". Die Mädchen können durch das Camp-Angebot Hemmschwellen abbauen, sich mit technischen Berufen auseinandersetzen, eigene Fähigkeiten und Talente entdecken. "In wenigen Jahren stehen sie vor der Frage, wohin der Weg für sie nach der Schule geht", sagt Eva-Maria Etspüler, Projektbetreuerin der bbw. "Unser Camp kann eine Orientierung sein, um auch technische Berufe anzuschauen. Der Experimentierfaktor spielt hier eine große Rolle, und das Ziel ist, dass Mädchen "die Scheu vor techniklastigen Berufen verlieren".

Die Resonanz ist groß: Seit 2012 haben etwa 3000 Mädchen an mehr als 200 Camps teilgenommen, wegen der großen Nachfrage muss das Los über die Teilnahme entscheiden. Die bbw bietet seit 2002 eine Vielzahl von Aktionen, bei denen Mädchen und junge Frauen sich ausprobieren, tüfteln und mit anpacken. "Junge Frauen in Technikberufen sind nicht zu unterschätzen", sagt Harald Zillner, Ausbildungsleiter der Stadtwerke. "Die Mädchen, die bei uns anfangen, sind super, bringen Motivation und Talent mit und haben ihre Arbeitsbereiche fest im Griff."

Technik selbst erleben: Angehende Industriemechaniker erläutern den Mädchen, was sie später in der Ausbildung erwartet. (Foto: Stephan Rumpf)

Als Kooperationspartner des Camps freut er sich über die jungen Probearbeiterinnen. Momentan ist die Zahl der Ausbildungsplätze im technischen Bereich bei den SWM gerade einmal von etwa fünf bis zehn Prozent von Frauen abgedeckt, erzählt Zillner. "Im Gegensatz dazu sind es etwa 90 bis 95 Prozent im kaufmännischen Bereich - da brauchen wir wiederum auch Männer." Gerade im traditionellen Handwerk gebe es viele Berufe, in denen auch Bewerberinnen gebraucht würden.

Johannes Baumann und Sebastian Mader, beide im zweiten Lehrjahr zum Industriemechaniker, finden die Initiative ebenfalls gut: "Es macht Spaß, den Mädchen etwas zu vermitteln, man merkt, dass Interesse da ist; sonst kriegen wir hier Dinge erklärt, und heute können wir ihnen helfen." Vielleicht stehen in ein paar Jahren an ihrer Stelle ja Franziska, Pamela und Laura.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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