Szene München:Wer suchet, der findet

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Die Bar "Kirr Royal" in München. (Foto: Robert Haas)

Unter der Woche zeigt sich Münchens Kneipenszene nicht von ihrer attraktivsten Seite: Kurz vor Mitternacht beginnt die Kellnerin zu nörgeln, dass ihre Schicht gleich endet und hinter der Bar wird plötzlich geputzt und gespült. Zum Glück gibt es eine Ausnahme.

Eine Kolumne von Melanie Staudinger

Über das Münchner Nachtleben wird naturgemäß viel geschimpft. Die guten Kneipen sind immer überfüllt, die restlichen zu leer. Der Nahverkehr nervt schrecklich, weil Busse und Bahnen grundsätzlich nicht warten, bis auch der Letzte den Heimweg antritt. Und irgendwie ist auch alles wechselweise zu teuer, zu geschleckt oder zu gammlig.

Tatsächlich aber ist es so schlimm dann doch nicht bestellt um das nächtliche Ausgehen. Mittlerweile beherbergt die Stadt mehr als einen Kiosk, der Nachtaktive mit Zigaretten, Bier und Chips versorgt. Am Wochenende dürfen diese jetzt sogar bis Mitternacht draußen sitzen, und die Sache mit dem Heimkommen regelt sich auch irgendwie.

Einen Vorwurf aber muss sich die Münchner Kneipenszene gefallen lassen: Unter der Woche, von Sonntag bis Donnerstag, zeigt sie sich für Nachtmenschen nicht von ihrer attraktivsten Seite. Das Spiel beginnt immer gleich, der Name der besuchten Gaststätte ist daher unerheblich: Gegen halb zwölf nörgelt die Kellnerin, dass ihre Schicht gleich ende. Kein Problem aber, an der Bar könne man noch bestellen.

Platzwechsel zum Tresen. Keine halbe Stunde später allerdings - beim Rauchen draußen hat der Gast zu seiner Erleichterung festgestellt, dass die Kneipe noch eine ganze Zeit geöffnet sein müsste - beginnt der Barkeeper auch seine Aufräumarbeiten. Mit Akribie spült er die Bierhähne durch und reinigt die Ablaufplatten: einseifen, abwaschen, einseifen, abwaschen . . . Beim vierten Mal fragt sich der Zuschauer, welcher hartnäckige Schmutz sich da denn festgesetzt haben könnte.

Egal, kurz darauf wird er ohnehin vor die Tür gebeten. Dann also weiter zur nächsten Bar. Kneipe eins ist schon dunkel, in Kneipe zwei haben die Putztrupps bereits die Herrschaft übernommen. Immerhin, bei der dritten Station gewährt der junge Mann hinterm Tresen ein Bier. Es ist halb zwei. Nach weiteren 20 Minuten Suche steht der Umzügler vor dem Motorama am Rosenheimer Platz.

Links der Gasteig - dunkel. Die kleinen Imbisse - zu. Aber im Erdgeschoss der selbsternannten Ladenstadt ist noch Musik zu hören. Kirr Royal nennt sich der Laden, der zuvor noch nie aufgefallen war. Dort will der Kellner nichts vom Heimgehen wissen. Vor allem Geschäftsreisende aus den umliegenden Hotels seien gute Kunden, sagt er. Keine Location, in der man Freunde fürs Leben findet - aber auch niemanden, der spült.

© SZ vom 12.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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