SZenario:Pfosten, Hengst und Schlafküche

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Eine Stunde Pointen-Prasseln: Bruno Jonas stellt im Lustspielhaus sein Buch "Vollhorst" vor - einem entzückt lauschenden Publikum

Von Philipp Crone, München

Er kommt nur bis zum dritten Wort. Bruno Jonas, dunkler Anzug, lose gebundene Krawatte, eng anliegendes Minimikro und Lesebrille, hat sich am Mittwochabend auf der Bühne des Lustspielhauses hinter einen Holztisch gesetzt und zur Einleitung ein wenig über den Sinn des Abends geblödelt. Man möge sein neues Buch zumindest doch bitte kaufen, müsse es ja auch gar nicht unbedingt lesen. Es folgen Gedanken darüber, wie man das Buch anfangen könne ("Man muss nicht vorne anfangen!"), die an die wunderbaren Liedvorstellungen von Fredl Fesl erinnern. Dessen vorangestellte Erklärungen seiner Songs sind ja oft die eigentlichen Hauptattraktionen seiner Auftritte.

"Einweisung", sagt Jonas, mit dieser Überschrift beginne das Buch. Kurze Pause, Blick über die Lesebrille. "Das ist eine sehr schöne Überschrift." Schon in diesem Moment ist klar: Was auch immer der 62-Jährige in dieses Buch geschrieben hat, er ist in der Lage, aus jeder Buchstabenvorlage - und sei es nur ein Wort - mit dem Handwerkszeug des Kabarettisten sein Publikum so zu unterhalten, dass es im Zehn-Sekunden-Takt lacht.

Jonas blickt noch einmal kurz in den vollbesetzten Saal, bevor er wirklich beginnt und den ersten Satz vorliest: "Als mein Verleger . . ." - das Stichwort reicht für die nächste Comedy-Einlage: "Der leider nicht da ist." Sondern in Paris, ergänzt er und vertont, wie ihm der Verleger gesagt habe, "ischschaffsnich", im hingezischten Stresston des dauerbeschäftigten Großmeisters. Der Exkurs endet mit dem Satz: "Verleger schaffens oft nicht."

"Einweisung": Allein mit diesem Begriff und seiner Interpretation, nicht nur als Überschrift in seinem Buch, kann Bruno Jonas eine Minute bestreiten. (Foto: Florian Peljak)

Sich nach ein paar Minuten über den eigenen Verleger lustig zu machen, dass alle lachen und applaudieren, ist hohe Kabarett-Kunst, zeigt die Fähigkeit, den Ton zu treffen zwischen Boshaftigkeit und sympathischem Scherz. Und das ist erst der Anfang der 263 Seiten, auf denen der Begriff Vollhorst, laut Titel "Der Erfolgstyp in Politik, Kultur und Gesellschaft", vom Satiriker seziert wird. Ein paar Selbstzweifel zunächst, warum er nicht über die Freigabe von Haschisch schreibe, was beim Pausen-Profi Jonas dann so klingt: "Freigabe - für Mandatsträger - für grüne Mandatsträger." Oder ein Buch darüber, ob Veganern etwas wurscht sein darf. Es ist aber eines über den Vollhorst, selbstverständlich gespickt mit Hinweisen auf Horst Seehofer. "Wir nennen heute einen Horst, den wir nicht gleich Vollpfosten nennen wollen." Es folgen weitere Exkurse, über die daheim bei ihm geplante Schlafküche (laut Jonas' Frau ist in dem Fall er ein Vollhorst), den Wortursprung (Hengst und Gestrüpp) und der unvermeidlichen Frage, ob Seehofer ein Hengst ist.

Die Lesung im Lustspielhaus ist in jeder Hinsicht voll: besucht, mit Applaus. Für eine Buchvorstellung ist sie - vollkommen. Würde Jonas, dieser Vollkabarettist, diesen letzten Satz vertonen, käme nach vollkommen ganz sicher eine Pause, und dann noch ein würziges Adjektiv. Welches auch immer.

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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