SZenario:Ein Toast auf den Teamgeist

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Sängervereinigung bei der Premierenfeier: Olga Kulchynska, Paolo Bordogna, Alex Esposito und Federica Lombardi (von links). (Foto: Robert Haas)

Wenn sich Sänger gegenseitig beklatschen: die Figaro-Premiere

Von Rudolf Neumaier, München

In Lobreden stecken manchmal Enthüllungen. In dieser zum Beispiel: Selten habe er eine so außergewöhnliche Produktion erlebt, sagt Staatsintendant Nikolaus Bachler. Immerhin wirkt er nun bald zehn Jahre am Nationaltheater, und er ist kein Chef, der in jeder Premierenfeier den gleichen Toast ausbringt, im Gegenteil. Selten sehe er Künstler als "wirkliches Ensemble" zusammenarbeiten, das sich "in einem gemeinsamen Geist" mit einer Oper beschäftige. Im Umkehrschluss heißt das: Oper ist meistens eine Veranstaltung trällernder Ich-Agenturen. Der Teamgeist aber, der nun die frenetisch bejubelte Neuinszenierung von Mozarts "Figaro" geprägt hat, lässt sich mit Händen greifen. Es kommt nicht oft vor, dass sich Sänger gegenseitig beklatschen. Der Bariton Christian Gerhaher applaudiert seinen jüngeren Kollegen am herzlichsten - auf der Bühne und auch auf der Feier danach.

Auf den Wahl-Münchner Gerhaher als Graf Almaviva angesprochen, spendet Bachler Sonderlob. Kein anderer Sänger verfüge über eine solche schauspielerische Ausdruckstiefe. TU-Präsident Wolfgang Herrmann, hingerissen von Christof Loys Inszenierung, schwärmt von der "gedanklich tiefen Darbietung" des bayerischen Weltstars und natürlich von dessen Stimme. Am meisten freut sich Gerhahers Ehefrau Barbara Hacker über die Leistung ihres Mannes. "Am schönsten war für mich zu erleben, welche Freude ihm das Spielen bereitet", sagt sie. Am Nationaltheater fürchten sie jetzt, Christian Gerhaher könnte zum Schauspielfach wechseln und ins Nachbarhaus ziehen - ans Residenztheater. Es wäre nicht sein erster Jobwechsel: Bevor er in Straubing seine Sängerlaufbahn begann, war Dr. med. Gerhaher Arzt.

Für seine jungen Kolleginnen, die Sopranistinnen Federica Lombardi, Olga Kul chynska und Solenn' Lavanant-Linke, ist es die erste Premierenfeier am Nationaltheater. Nikolaus Bachler präsentiert sie als Entdeckungen des Hauses. Wer sie auf der Bühne in höchster Anspannung erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, dass diese Künstlerinnen nach vier Akten noch Kraft zum Feiern haben. Aber gemeinsam geht's schon noch. Eine fabelhafte Ensembleleistung.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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