SZenario:Der Drang zur Auszeichnung

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Von "Es gibt sie halt" bis zu "großer Ansporn" - am Freitagabend werden im Prinzregententheater zum 37. Mal die Bayerischen Filmpreise verliehen. Eine Sinnsuche

Von Philipp Crone, München

Es kommt eher selten vor, dass Klaus Schaefer gereizt reagiert, und bei öffentlichen Feiern ist es ganz besonders selten. Der Chef des Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF) , dem größten Förderer der bayerischen Branche, steht am Donnerstagabend im Literaturhaus, wohin einige Filmfirmen geladen haben, und sagt: "Auf jeden Fall gibt es mehr als in der Waschmaschinenbranche, das ist richtig." Die Frage war, warum es gerade im Schauspiel-Metier so viele Auszeichnungen gibt. Am Freitagabend sollte der Bayerische Ministerpräsident im Prinzregententheater die Bayerischen Filmpreise verleihen. Das bedeutet: Er hatte es vor, bis am Freitagnachmittag dann doch "wichtige Gespräche" dazwischenkommen, wie es aus der Staatskanzlei heißt, in solchen Fällen springt Medienministerin Ilse Aigner ein. Mehr als ein Dutzend Preisträger gibt es bei dieser fast dreistündigen Show jedes Jahr, und im Sommer noch einmal so viele beim Bayerischen Fernsehpreis. Viel?

Kameramann Gernot Roll, Ehrenpreisträger des vergangenen Jahres, sitzt am Donnerstag bei einem Glas Wein auf seinem Stammplatz unter der Treppe des Literaturhauses und wartet auf seinen Stamm-Nebensitzer, Regisseur Josef Vilsmaier, Ehrenpreisträger von 2009, und sagt: "Es gibt sie halt. Und man möchte dabei sein, wenn jemand ausgezeichnet wird." So spricht jemand, der nicht nur bei Dreh-Arbeiten alles gesehen hat, sondern auch das Geschäft auf dem roten Teppich sehr gut kennt. Roll grüßt Vilsmaier, der sich zu ihm hockt, und sagt mit einem Lächeln: "Aber interessant ist schon: In einer Branche, in der es auf Timing und Spannung ankommt, ehren wir unsere Leute in einer Dreistunden-Sendung, viel zu lang." Schauspieler Michael Brandner erkennt den "großen Drang der Leute, sich auszuzeichnen", und "natürlich gibt es viel zu viele Preise", jedes Bundesland habe seinen eigenen Film-Award. Von wegen, widerspricht Klaus Schaefer, der sich mit der Waschmaschinenbranche auskennt, es seien nicht zu viele. Der FFF-Boss sagt: "In keinem anderen Bundesland gibt es einen expliziten Film- und einen Fernsehpreis." Es sei ein großer Ansporn für Künstler, denn in einem Metier, in dem man stark vom Applaus und der Anerkennung lebe, müsse es Preise geben. "Man macht etwas ganz speziell für andere", und die Anderen machen dann eben auch manchmal was für einen und überreichen ihm im Saal des Prinzregententheaters die Porzellanfigur Pierrot für die beste Darstellerin oder die beste Kinderfilm-Regie. Schaefer gehört im Übrigen auch der Jury des Filmpreises an, wahrscheinlich hat er sich deshalb auch in der Waschmaschinenbranche erkundigt.

Regisseur und Kameramann Jan Fehse ( Tatort) steht Klaus Schaefer am Donnerstag gegenüber und sagt: "Ein anderer Aspekt ist die Akquise bei solchen Veranstaltungen. Gerade in einer Branche, in der es fast keine Festangestellten gibt, ist das wichtig." Akquise, das ist dann eben, wenn ein Regisseur dem Förderfonds-Chef von geplanten Projekten bei einem Glas Wein im Literaturhaus erzählt.

Andere bevorzugen den ziellosen Ratsch. Sigi Zimmerschied zum Beispiel hat sich mit einem Weißbier zu Sebastian Bezzel gestellt, beide drehten "Winterkartoffelknödel" und "Dampfnudelblues" der Bestsellerautorin Rita Falk. Zimmerschied zieht das Gemütliche dem Grellen vor. Beim Filmpreis kommen dann aber doch immer alle auf ihre Kosten: diejenigen, die sich Emotionen und Glamour wünschen, die sich zeigen wollen, was in der Branche ein verbreitetes Hobby ist, oder welche, die einfach nach drei Stunden anstoßen wollen, auf die Pierrots, oder auch auf Waschmaschinen.

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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